Wolfram von Eschenbach

Leben und Familie

Der deutschsprachige Ritter, Minnesänger und Dichter Wolfram von Eschenbach wurde in etwa zwischen 1160 und 1180 geboren und lebte bis circa 1220. Aufgrund seines Namens und verschiedener Anspielungen in seinen Werken geht man davon aus, dass er aus Obereschenbach bei Ansbach (Franken/Bayern) stammt. Mitglieder seiner Familie waren vermutlich Ministerialen[1] der Herren von Eschenbach.

Was wir heute über diesen Autor des Mittelalters wissen, verdanken wir seinen eigenen Ausführungen zu seiner Person. Sonst liegen keine weiteren Zeugnisse zu seinem Leben vor. Aus einem Notizbuch von 1608 wird eine Grabinschrift aus dem Frauenmünster in Ober-Eschenbach überliefert, die von dem „Ritter her Wolffram zu Eschenbach ein Meister Singer“ spricht. Dass Wolfram ein Ritter ist, vermerkt er selbst am Ende des zweiten Buches: „Dem Rittertum gehöre ich an durch Geburt und Erziehung“ (II, S. 199).

Wolfram lebte und wirkte an verschiedenen Höfen und stand unter anderem in Verbindung mit dem Landgrafen Hermann von Thüringen, der Marktgräfin von Vohburg, dem Grafen von Wertheim: „Mein Dienstherr, der Graf von Wertheim, ...“ (Parzival, IV, S. 315) und den Edelherren von Dürn, die dem Stauferkaiser dienten. Teilweise wurde der „Parzival“ wohl auch durch den Landgrafen Hermann I. von Thüringen finanziert, der als einer der wichtigsten Förderer der mittelhochdeutschen Literatur gilt. Da es sich bei den Werken aufgrund der damaligen Herstellungsverfahren um Unikate handelte und diese damit extrem teuer waren, waren die Autoren auf vermögende Unterstützer angewiesen. Diese wurden dafür in ihren Werken verewigt, so wie Wolfram es beispielsweise im vierten Buch des Parzivals getan hat. Im „Titurel“ und im „Willehalm“ erwähnt er den Landgraf Hermann von Thüringen.

Ein Teil des Parzivals soll auf der Burg Wildenberg im Odenwald verfasst worden sein, die den Herren von Dürn gehörte. Hier lebte Wolfram eine Zeit lang mit seiner Familie. An einer Stelle erwähnt er, dass er von einer Frau betrogen wurde und dass er den Frauen seither skeptisch gegenüber steht: „Sie hat mir solches Unrecht angetan, daß mein Groll gegen sie unstillbar ist. Deshalb grollen mir nun die anderen Frauen“ (Parzival, II, S. 197).

An anderer Stelle erwähnt Wolfram einen Bruder, der nicht näher benannt wird: „...mein Bruder und ich sind ebenso untrennbar eins wie Mann und Frau“ (Parzival, XV, S. 525). Aufgrund anderer Informationen aus seinen Werken wird davon ausgegangen, dass er auch eine Schwester sowie mindestens eine Tochter hatte. Er widmet sein Werk „Parzival“ einer nicht weiter bezeichneten Frau, die ihm „dafür ein freundliches Dankeswort gönnen“ (Parzival, XVI, S. 673) soll.

Literarische Arbeit

Als Dichter der mittelhochdeutschen Literatur verfasste Wolfram mehrere epische und lyrische Werke. Neben dem „Parzival“, der eine der wichtigsten epischen Erzählungen des Mittelalters repräsentiert und ungefähr zwischen 1200 und 1210 geschrieben wurde, ist Wolfram von Eschenbach auch der Verfasser der beiden Epen „Willehalm“ (entstanden circa zwischen 1210 und 1220) und „Titurel“ (entstanden ungefähr um 1217 herum). Das letztgenannte Werk erzählt die tragische Liebesgeschichte zwischen Sigune und Schionatulander, die im „Parzival“ bereits angesprochen wird. Dafür erfand der Autor eine eigene Strophenform (die sog. Titurelstrophe), die so beliebt wurde, dass sie in vielen weiteren Werken dieser Zeit zu finden ist. Wolfram ist auch der Verfasser von neun Minneliedern. Seine bekanntesten Minnelieder sind die fünf sogenannten „Tagelieder“.

Obwohl Wolfram von sich selbst behauptet, dass er über keinerlei Buchwissen verfügt, muss diese Äußerung zum Teil wohl eher ironisch verstanden werden. Um ein solches Werk vollbringen zu können, musste man natürlich ein spezifisches Fachwissen besitzen. Der Dichter spottet damit vielleicht über andere seiner Kollegen, die ihr Wissen und ihren Bildungsstand in ihren Werken stets anpriesen.

Im Parzival lassen sich profunde Kenntnisse der Astronomie, der damaligen Heilkunde, der Geografie, der Naturkunde, der Steinkunde und der damaligen Sagenwelt entdecken, die von Wolfram kunstvoll in die Handlung integriert werden. Auch auf dem Gebiet der Theologie ist er mit wichtigen Elementen vertraut. Da er sich auf ein französischsprachiges Werk bezieht, das er übersetzt haben will, kann man davon ausgehen, dass er auch die französische Sprache beherrschte. Im „Willehalm“ schreibt er, dass er ein Autodidakt sei, der seine künstlerische Begabung seinem Können verdankt und nichts aus Büchern gelernt hat.

Ähnlich verhält es sich mit seiner Aussage bezüglich seiner literarischen Fähigkeiten, die er zuerst als durchschnittlich bezeichnet: „Ich bin Wolfram von Eschenbach und verstehe mich einigermaßen auf die Sangeskunst“ (Parzival, II, S. 197). An anderer Stelle dagegen spart er nicht mit Eigenlob. Der Autor gibt sich selbstbewusst und erklärt, dass es eigentlich drei Personen bräuchte, um das zu leisten, „was meinem Können gleichkäme“ (Parzival, I, S. 11). Er fügt hinzu, dass sie zudem über „außerordentliche dichterische Phantasie“ (Parzival, I, S. 11) verfügen müssten.

 

[1] Unfreie oder Minderfreie Dienstleute, die zu vielfältigen Hofämtern oder Kriegsdiensten des Königs, der Bischöfe, Fürsten oder Herren verpflichtet wurden, hießen Ministerialen.

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