Beziehungen
Aus Einzelfiguren, die zufällig zur gleichen Zeit am gleichen Ort erscheinen, formieren sich Haupt- und Nebenfiguren, Figurengruppen und -paare. Die Schicksale der Personen sind weitgehend miteinander verknüpft. Susanne kennt Messalina und Alexander und trifft Odysseus und Josef in einer Wirtschaft. Philipp soll Mr Edwin interviewen und wird mit ihm verwechselt. Der Psychiater Dr. Behude behandelt nicht nur Philipp und dessen Ehefrau Emilia, sondern auch Schnakenbach und die Baronin. Kay will einen deutschen Dichter kennenlernen und trifft zufällig Philipp. Nur die amerikanischen Lehrerinnen, Mrs Burnett und Mrs Wescott, kommen nicht mit den anderen Figuren in Kontakt, so, wie die anderen Teilnehmerinnen ihrer Reisegruppe. Bestimmte Figurenkonstellationen, vor allem Paare, Familienmitglieder und Menschen mit den gleichen Interessen sind interessant, weil ihre Beziehungen wesentliche Problematiken und Spannungsfelder enthalten.…
...
Edwin und Philipp
Im Roman trifft Edwin Philipp zufällig im Hof des Hotels. Beide Autoren sind auf der Flucht vor Messalina. Edwin hält Philipp für seinen Doppelgänger. Obwohl er ihn nicht kennt, erkennt er in ihm einen Schriftsteller und eine gewisse Verwandtschaft. Philipp kennt Edwins Bücher. Er bewundert ihn und hatte früher ein Bild von ihm an der Wand über seinem Schreibtisch hängen. Philipp hat den Wunsch, mit Edwin zu sprechen, aber er ist zu scheu. Die ungewöhnliche Situation im Hotelhof verwirrt ihn. „... der eigene Zweifel, die eigene Trauer, die eigene Sorge stand dem anderen ins Gesicht geschrieben ...“ (S.117). Es gelingt kein positiver Kontakt, es kommt keine Kommunikation zustande. Beide Schriftsteller bewahren Distanz und gehen jeder für sich an dem Portier vorbei aus dem Hof hinaus.
Philipp und der ungefähr zwanzig Jahre ältere Edwin scheinen unterschiedlichen Welten anzugehören: Philipp ist erfolglos, Edwin dagegen berühmt. Philipp hat nach Begin…
...
Philipp und Emilia
Emilia und Philipp befinden sich mitten in einer Ehekrise. Ihr Verhältnis ist sehr anstrengend und desillusioniert. Sie sind eigentlich ein normales Ehepaar, da Eifersucht, Bindung und Treue sie vereinigen. Dr. Behude, Emilias und Philipps Psychologe, sagt, dass sie beide nicht für eine Ehe taugen, aber eben diese kettet sie zusammen (S. 153). Er fragt sich, warum er sie heilen solle, denn sie seien eigentlich glücklich, so, wie sie sind. Wenn sie geheilt wären, würde Philipp als Journalist arbeiten und Emilia mit anderen Männern schlafen.
Philipp ist kein guter Liebhaber und dazu noch finanziell abhängig von seiner Frau. Philipp erträgt den daraus resultierenden Persönlichkeitswandel von Emilia nicht und flüchtet ins Hotel. Philipp distanziert sich immer mehr von ihr. Zwar liebe er Emilia, aber es wäre besser, wenn sie sich von ihm trenne, meint er (S.159). Emilia hat eine ambivalente Beziehung zu Philipp. Sie hasst und liebt ihn zugleich. Manchmal ist er ein „Oger“ und manchmal „ihr geschickten Retter“ (S.101). Sie hasst ihn dafür, dass sie nicht mehr das Leben führen kann, welches sie gerne hätt…
...
Washington und Carla
Washington Price, ein afroamerikanischer Sergeant, der in der Stadt stationiert ist, hat sich in Carla, die Kriegerwitwe und Sekretärin bei der US-Armee ist, verliebt. Washington bringt sie in seiner Limousine öfter nach Hause. Er behandelt sie wie ein Gentleman. Washington wünscht das Beste für Carla, die er aufrichtig liebt, und er sorgt sich sehr um sie. Durch seine Stellung beim Militär kommt er an Lebensmittel und Genussgüter, die er Carla schenkt. Er kauft nur das Beste für Carla und zeigt damit seine Liebe zu ihr. Nach sechs Wochen schläft er mit ihr.
Die Beziehung mit dem gutaussehenden Washington bedeutet für Carla Sicherheit, Wohlstand und die Erfüllung ihrer Bedürfnisse. Nachdem sie Washington kennengelernt hat, hat sie ihre Stelle gekündigt. Sie ist mit ihrem Sohn in ein Haus eingezogen, in dem auch zahlreiche Prostituierte wohnen. Obwohl sie an ihrer Liebe zu Washington zweifelt, will sie ihn heiraten und ihm in die Staaten folgen. Sie ist ihm treu. Sie träumt von der Welt der amerikanischen Magazine und von einem luxuriösen Leben in den USA.
Die Lage ändert sich, als sie von ihm schwanger wird. Carla bedauert, dass sie anstatt mit Washington nicht mit einem weißen Amerikaner ein Verhältnis angefangen hat. Sie sei leider in den falschen Zug, „den Zug der Neger“, eingestiegen. Der richtige Zug, „der Zug der Weißen“, fährt in ihre Traumwelt, die Welt des Wohlstands. Carla befürchtet Vorurteile, gesellschaftliche Isolation und rassistische Diskr…
...
Die amerikanischen Lehrerinnen
Von der Gruppe der amerikanischen Lehrerinnen, die mit einem Autobus Deutschland besuchen und die sich ein Bild von dem gelungenen Aufbau und der Demokratisierung der amerikanischen Besatzungszone machen wollen, lernt der Leser drei kennen: Katharine Wescott, 38 Jahre alt, Milfred Burnett, 45 Jahre alt und die junge Kay, 21 Jahre alt. Die Lehrerinnen sind wohlgekleidet, geschminkt, parfümiert, reich und jugendlich, im Gegensatz zu den deutschen Lehrerinnen, die der Erzähler als „arme verschüchterte Wesen“ bezeichnet (S.54).
Kay ist sehr hübsch. Sie hat grüne Augen. Ihr Parfüm duftet nach Reseda. Sie ist neugierig, unbeschwert und selbstständig. Sie hat Germanistik studiert und eine naive und romantische Vorstellung von Deutschland. Sie kommt mit Illusionen in das Land der großen Schriftsteller, Dichter, Musiker und Denker. Sie wird aber schon von ihren ersten Eindrücken enttäuscht. Die Wirklichkeit entspricht nicht ihren Klischees von Deutschland. Das Land „war düster“ und „die Leute wie Leute überall“ (S.55).
Am Nachmittag löst sich Kay von ihrer Reisegruppe und will die Stadt alleine erkunden. Sie möchte viel erleben. Sie ist voll Elan, lebenslustig und strahlt eine jugendliche Frische aus. Sie ist an ihrer Umwelt interessiert und kontaktfreudig. Kay wirkt wie ein Wirbelwind auf die Menschen. Sie verkörpert Jugend und Freiheit. Kay trifft zufällig Emilia in einem Juweliergeschäft und bekommt Schmuck von ihr, nachdem sie sich angefreundet haben. Kay schenkt Emilia…