Unfall oder Selbstmord

Das Ergebnis der Zensur

Während Edgar Wibeaus literarischer Vorgänger, Werther, am Ende des berühmten Briefromans von J. W. von Goethe Selbstmord begeht, kommt der Protagonist in Ulrich Plenzdorfs Montageroman zuletzt durch einen Unfall ums Leben. Ursprünglich hatte der Autor geplant, dass auch Edgar Wibeau den Freitod wählen sollte, doch die strenge Zensur im DDR-Regime zwang ihn dazu, Änderungen an dem Manuskript vorzunehmen (siehe Epoche: Entstehung, Bearbeitung und Veröffentlichung). Plenzdorf musste das Ende der Erzählung umschreiben: Edgar Wibeau stirbt aufgrund eines Unfalls mit elektrischem Strom, und zwar aufgrund einer Panne beim Versuch, eine selbst gebaute Farbspritze zum ersten Mal einzuschalten.

Vor diesem Hintergrund muss das Ende des Romans als ein Resultat ideologischer Unterdrückung der künstlerischen Freiheit interpretiert werden. Es war in der DDR nicht zulässig, in einem Buch über das Unglück und den Selbstmord eines Menschen zu schreiben. Die Illusion der Rundum-Zufriedenheit sollte erhalten werden. Die Geschichte wiederholt sich sozusagen: Schon zu Goethes Zeiten wurde der Selbstmord als moralisch verwerflich angesehen und der Roman „Die Leiden des jungen Werther“ wurde daher an einigen Orten verboten. 

Edgar spricht sich im Roman sogar gegen den Suizid aus und äußert Unverständnis für das Verhalten seines literarischen Leidensgenossen Werther: „Nehmen wir mal an, an die Frau wäre wirklich kein Rankommen gewesen. Das war noch lange kein Grund, sich zu durchlöchern“ (S. 37). Allerdings gesteht er zule...

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