Stilmittel
Die Stilmittel in „Die neuen Leiden des jungen W.“ bewirken vor allem drei Dinge: Sie stellen einen Kontrast zwischen der modernen Sprache und Goethes Schreibstil aus dem 18. Jahrhundert her (siehe „Montagetechnik“), sie erwecken den Eindruck von natürlicher Sprechsprache und sie charakterisieren den Protagonisten als einen proletarischen Jugendlichen in der DDR der 1960er/1970er Jahre mit Witz, Herz und derbem Mundwerk. Die Natürlichkeit der wörtlichen Rede und der „Sprechsprache“ des Protagonisten wird an vielen Stellen dadurch gestaltet, dass die Sätze unvollständig bleiben, nur einzelne Worte ausgerufen werden oder jemand sich etwas „holperig“ ausdrückt.
Wiederholungen
Willi z. B. weiß anscheinend nicht genau, wie er sich in dieser angespannten Situation, als Edgars Vater mit ihm reden will, ausdrücken soll, und das merkt man ihm an: „Aber am sauersten war er immer, wenn er rauskriegte, daß sie, also seine Mutter, mal wieder eine Karte von seinem Erzeuger…, ich meine: von seinem Vater…, ich meine: von Ihnen zurückgehalten hatte“ (S. 20). Er beginnt mehrere Male den Satz, bricht ihn aber immer wieder ab und formuliert ihn neu, weil er nicht unhöflich sein will.
Charlie, die aufgrund des Besuchs von Edgars Vater sehr nervös ist, wiederholt immer wieder ihre eine Aussage, mit der sie sich von der Verantwortung an Edgars Schicksal freispricht: „Aber Edgar war ja nicht zu helfen. Es war ihm einfach nicht zu helfen. Dieter hatte wirklich eine Lammsgeduld mit ihm (…). Aber Edgar war einfach nicht zu helfen“ (S. 73).
Einschub
Als Edgars Mutter spricht, nimmt sie einen Einschub vor, den man in der schriftlichen Sprache wohl kaum finden würde: „Ich war nicht dabei, aber der Kollege Flemming sagte mir – das ist der Ausbilder, ein erfahrener und alter Ausbilder, zuverlässig -, daß es so war: (…)“ (S. 11) Besonders durch das angehängte „zuverlässig“ wirkt diese Ergänzung sehr spontan.
Ellipse
Ein anderes Mal antwortet sie auf eine Frage mit einer Gegenfrage: „Ja. Was sonst?“ (S. 15). Bei „Was sonst?“ haben wir es mit einer Ellipse zu tun, einem unvollständigen Satz, in dem das Verb fehlt. Ellipsen werden in diesem Roman häufig verwendet und illustrieren die natürliche Rede.
Auch Edgar spricht oft in unvollständigen Sätzen, und zwar so, wie die meisten Menschen es tatsächlich tun, z. B.: „Gesagt hab ich das. Da...