Entwicklungsroman
Der Entwicklungsroman ist ein Genre, in welchem ein Held Schwierigkeiten überwinden muss, wodurch er seinen eigenen Weg im Leben findet. Der Protagonist befindet sich häufig im Konflikt mit seiner Umwelt, und eben durch den Umstand, dass er diese Konflikte überstehen oder lösen muss, lernt er dazu. Er macht Veränderungen durch und durchlebt also eine Entwicklung, die dazu führt, dass er am Ende seinen Platz in der Gesellschaft findet.
Gesellschaft vs. Emanzipation
Die Heldin in „Irrungen, Wirrungen“ ist eindeutig Lene. Schauen wir uns die Hürden an, welche sie überwinden muss, und die Schritte, welche dazu führen, dass sie am Ende ihren „eigenen Weg“ gehen kann.
Sie ist eine Frau, die durch ihr emanzipiertes Wesen ihrer Zeit weit voraus ist. Sie interessiert sich für Politik und ist für die Stärkung der Demokratie (S. 33). Sie verdient ihr eigenes Geld und hat so als alleinstehende Frau ihr Auskommen, wenn auch ihre Lebensumstände recht bescheiden sind. Sie erlaubt sich daher, nach dem zu greifen, was ihr gefällt, und in „Irrungen, Wirrungen“ ist das Botho. Doch hier kommt die Gesellschaft als Hürde ins Spiel. Eine Beziehung zwischen einem Adeligen und einer Bürgerlichen, noch dazu unehelich, war im Deutschen Kaiserreich absolut verpönt und tabuisiert.
Lene ist sich dieser Tatsache durchaus bewusst. Einmal sagt sie zu Botho, wie gern sie mit ihm auf der „Läster-Allee“ (S. 35) spazieren gehen würde, um ihre Beziehung öffentlich zu machen. Obwohl in der Gesellschaft eine solche Affäre Grund zum Lästern war und die Frauen, die voreheliche Verhältnisse eingingen, als moralisch „weniger wert“ charakterisiert wurden, vertrat Lene eine eigene Meinung: „Soll ich mich darum grämen? Nein“ (S. 106), stellt sie f...