Poetischer Realismus: Fiktion und Wahrheit
Die Haltung Fontanes ist innerhalb des gesamten Romans von Empathie und Mitgefühl geprägt. Kommentare des Erzählers, wie „arme Effi“ (S. 63), drücken die Menschlichkeit aus, die sein Werk prägen. Er setzt auch Humor und Ironie als Stilmittel ein, um abseits der Handlungsebene einer distanzierten Reflexion von Konflikten Raum zu geben.
Die polyperspektivische Betrachtung ist Bestandteil des poetischen Realismus in „Effi Briest“. So lässt Fontane beispielsweise sowohl Wüllersdorf als auch Instetten ausgiebig zu Wort kommen, als es um die Frage geht, ob Geert sich mit Crampas duellieren soll oder nicht (S. 214ff.). Auch Effis Eltern beurteilen in zahlreichen Gesprächen die Handlungsweisen des Ehepaares Effi und Geert. Die verschiedenen Ebenen und Grundlagen der Interpretation werden auf diese Art deutlich gemacht (S. 36f.).
Dialoge spielen im Roman ebenfalls eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Darstellung der individuellen Positionen, die alle für sich allein sprechen. Erst in ihrer Gänze und in Kombination mit den Kommentaren des Erzählers ergeben sie eine Gesamtheit. Der Leser kann aufgrund dessen frei wählen, welcher Position er sich anschließt und welche er persönlich ablehnt. Diese Gespräche gehören auch unabdingbar zur fiktiven Konstruktion der Romanwelt, denn so werden das Erzählte glaubhaft und das Geschehen nachvollziehbar.
Der Erzähler des Romans arrangiert die Handlung und präsentiert dabei das Geschehen und dessen Ablauf. Das realistische Erzählen bedeutet jedoch für Fontane auch, dass die Fiktion als Arrangement der Einzelteile des Werkes in der Gesamterzählung schlüssig sein muss, damit daraus ein harmonisches Ganzes wi...