Die offene Form des Dramas

Die Dramentheorie unterscheidet zwischen zwei Idealtypen, wobei die offene Dramenform den Gegensatz zu der geschlossenen Form darstellt. Das offene Drama existiert kaum in seiner reinen Form. Zahlreiche Dramen sind Mischformen aus dem offenen und dem geschlossenen Typus. 

Beim offenen Drama handelt es sich um die bevorzugte Form der modernen Tragödien, vor allem im 20. Jahrhundert, in dem sich verschiedene Ausprägungen des offenen Dramas, beispielsweise das Epische Theater oder das Absurde Theater, entwickelten.

Das offene Drama widersetzt sich den drei aristotelischen Einheiten: 

  • Einheit der Handlung: Im offenen Drama kann die partielle Austauschbarkeit der selbstständigen fragmentarischen Ausschnitte festgestellt werden. Das Schauspiel hat keine festgelegte Handlung und Spannungskurve und ist eher als eine Ansammlung von Einzelsequenzen oder Episoden, die kein logisches lineares homogenes Ganzes bilden, zu verstehen. Die vielfältige Handlung fängt unvermittelt ab und endet ebenfalls auch unvermittelt.
  • Die Einheit des Orts wird von einer Vielzahl von Schauplätzen und häufigem Ortswechsel abgelöst. 
  • An die Stelle der Einheit der Zeit tritt eine unbestimmte, längere Zeitspanne. 

Das offene Drama zeichnet sich durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Figuren aus, die nicht nur aus dem oberen, sondern auch aus dem unteren und mittleren Stand stammen. Es verfügt über eine vielfältige Sprache, die oft zwischen gehobener Sprache, Alltagssprache und Dialekt variiert. Gute Beispielstücke, die viele Merkmale des offenen Dramas zeigen, sind Goethes Götz von Berlichingen (1773) und Büchners Dantons Tod (1835) und Woyzeck (1836-1837).