Der Panther

Einleitung

Das Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke (1875-1926) wurde um 1902/1903 in Paris geschrieben und erschien in der Gedichtsammlung „Neue Gedichte“, die der Autor in den Jahren 1907/08 in zwei Teilen veröffentlichte.

Das Gedicht „Der Panther“ ist in drei Strophen zu je vier Versen gegliedert, die alle eine monotone Gleichförmigkeit aufweisen. Dafür sorgt unter anderem das durchgehende jambische Metrum mit fünf Hebungen pro Vers. Lediglich der letzte Vers weicht von dieser Struktur ab und weist nur vier Hebungen auf. Aber auch der Kreuzreim abab cdcd efef mit dem regelmäßigen Wechsel der Kadenzen, beginnend mit einer weiblichen Kadenz, trägt zu der Gleichmäßigkeit des Klanges bei.

Das Gedicht handelt von einem Panther, der in einem Käfig gehalten wird und an der Gefangenschaft zugrunde geht. Die erste Strophe des Gedichts konzentriert sich auf den Blick des Panthers, die zweite widmet sich seinem geschmeidigen Gang, die dritte fokussiert sich auf das Auge des Tieres und seine Wahrnehmung der Außenwelt. Das Fazit lautet letztendlich, dass der Panther zwar äußerlich immer noch wie eine Raubkatze aussieht, innerlich jedoch längst aufgehört hat, eine zu sein.

Entstehung

Der Gipsabdruck eines Panthers, welchen der Bildhauer Auguste Rodin anfertigte, könnte für Rilke eine Inspirationsquelle gewesen sein. Er berichtete 1902 in einem Brief an seine Frau, den Gipsabdruck im Atelier des Künstlers gesehen zu haben. Rilke war damals zu dem Zweck, den Bildhauer persönlich kennenzulernen, nach Paris gereist und lebte dort zwischen 1902-1903.

Der Untertitel „Im Jardin des Plantes, Paris“ verweist auf den Ort, an dem der Dichter den beschriebenen Panther wochenlang beobachten konnte: In dem berühmten Botanischen Garten von Paris wurden damals auch Raubkatzen in Käfigen präsentiert, unter anderem auch ein schwarzer Panther.

Rilke ist ein typischer Vertreter der klassischen Moderne, vor allem des Symbolismus. Im Zentrum dieser Lyrikform stehen lebendige oder leblose Objekte sowie Situationen, die mit einer gewissen Distanz und Objektivität dargestellt werden; das Subjektive in Form des Lyrischen Ichs tritt dagegen in den Hintergrund. Das auf diese Weise beschriebene Äußere soll auch das Innere des „Dings“ offenlegen. Das Spannungsverhältnis zwischen innen und außen, Subjekt und Objekt, Imagination und Gegenstandstreue prägt die symbolistischen Gedichte.

 „Der Panther“ ist das erste Dinggedicht des Lyrikers, der als Schöpfer dieser Gattung innerhalb der Moderne gilt. Es ist typisch für die Gattung, dass es kein ausgeprägtes Lyrisches Ich gibt; die Beschreibung ist distanziert und objektiv. Auch bei „Der Panther“ tritt der Dichter als Beobachter zurück. Rilkes Symbolismus beruht auf genauer Beobachtung und Erfahrung, die den Gegenstand seiner Lyrik in seinem Wesen erfassen soll.

Analyse

Erste Strophe

Die ersten beiden Verse der ersten Strophe bilden eine grammatikalische Einheit – einen Satz. Sie sagen aus, dass der Blick des Tieres durch den Anblick der Gitterstäbe im Vorübergehen so müde geworden ist, dass er keine Information mehr festhalten kann. Das Wahrgenommene findet folglich keine Manifestation im Gehirn. Das Tier sieht, aber begreift nicht.

Die Verse sind durch die Alliteration „Sein“ – „So“ verbunden. Das Personalpronomen „Sein“ bezieht sich dabei unmittelbar auf die Überschrift „Der Panther“. Dass es sich bei dem beschriebenen Tier um einen Panther handelt, wird im Gedicht selbst mit keinem Wort erwähnt, die verwendeten Personalpronomen bekommen ausschließlich durch die Überschrift ihre Bedeutung. Auf diese Weise wird deutlich, dass der beschriebene Panther durch das lange Leben in der Gefangenschaft eigentlich keiner mehr ist.

Das Nomen „Blick“ ist personifiziert. Er ist „müde geworden“. Auch das Nomen „Stäbe“ in der ersten Verszeile erscheint personifiziert. Ihm wird die Bewegung des „Vorübergehens“ zugesprochen. In den Personifizierungen wird die Passivität des Tieres in der Gefangenschaft deutlich. Der Panther ist nicht mehr der Herr über seine Welt. Die äußeren Einflüsse beherrschen ihn, er selbst übt jedoch keinerlei Einfluss mehr auf seine Umgebung aus. So scheint es durch die Genetivformulierung „Vorübergehen der Stäbe“ zu sein, dass nicht der Panther an den Gitterstäben vorübergeht, sondern die Stäbe den Panther passieren. Die Alliteration „vom Vorübergehen“ betont zudem die Personifikation.

Das Gefühl der Gefangenschaft wird außerdem durch die dreifache Wiederholung des Begriffs „Stäbe“ innerhalb der Strophe verstärkt. So wird die Begrenzung durch die Stäbe auch an den Rezipienten des Gedichts sprachlich übertragen – ...

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