Fantasy-Roman
Die Gattung der Fantasy weist eine enorme Formenvielfalt auf. Eine genaue Definition ist aufgrund ihrer inhaltlichen Bandbreite und ihrer vielfältigen Ausgestaltung in Literatur, Film, Computerspielen und anderen Medien außerordentlich schwierig.
Die moderne Fantasy geht in ihrem Ursprung auf frühe fantastische Erzählungen, wie Das Nibelungenlied (13. Jhd.), zurück und nimmt Motive und Erzählformen alter Mythen, Volksmärchen und Sagen auf. Schon während der Zeit der Romantik im 19. Jahrhundert werden viele fantastische Erzählungen verfasst, wie zum Beispiel E. T. A. Hoffmanns Der goldene Topf (1814) und Der Sandmann (1816), Joseph von Eichendorffs Das Marmorbild (1819) und Das Schloß Dürande (1937), Ludwig Tiecks Der blonde Eckbert (1797) oder Friedrich de la Motte-Fouqués Undine (1811).
Anhand verschiedener prägnanter Merkmale der Werke lässt sich das moderne Genre in verschiedene Unterkategorien unterteilen, wie zum Beispiel High Fantasy, Low Fantasy, Urban Fantasy oder Animal Fantasy. Doch da sich die komplexen Geschichten oftmals mehrerer Elemente dieser verschiedenen Subgenres bedienen, lassen sie sich häufig nicht nur einer einzelnen dieser Kategorien zuordnen.
Die Werke der literarischen Obergattung des Fantasy-Romans beschreiben, allgemein betrachtet, imaginäre oder traumhafte Welten, in denen magische und zauberhafte Elemente eine zentrale Rolle spielen. Die Umgebung, in der die Handlung spielt, kann sowohl durch historische Epochen wie das Mittelalter oder die Renaissance inspiriert, aber auch in der modernen Welt angesiedelt sein. Die übernatürliche Welt existiert oft parallel zur Realität und kann beispielsweise durch einen Schrank (König von Narnia), eine Tür (Die Kinder von Arden) oder durch Bücher (Tintenherz) erreicht werden.
Die Figuren des fantastischen Romans sind zunächst ganz normale Menschen, die im Laufe der Handlung auf übernatürliche Wesen oder Fabelwesen treffen, wie sprechende Tiere, Trolle, Hexen, Zwerge oder Elfen. Nicht-reale Elemente werden als normal geschildert und im Rahmen der literarischen Fiktion nicht rational hinterfragt. Zauberhafte Begebenheiten sind für die handelnden Figuren daher beinahe selbstverständlich.
Im Zentrum der Handlung steht der Sieg des Guten über das Böse. In ihrem Verlauf erlebt der Held auf seiner Reise verschiedene Abenteuer und muss sich im Kampf gegen das Böse behaupten und sich mit kluger List, Täuschung und magischen Kräften zur Wehr setzen. Dabei wächst der Auserwählte an diesen Aufgaben über sich selbst hinaus und durchläuft eine positive charakterliche Entwicklung. Er handelt nicht individuell, sondern ist Teil eines Volkes, einer Gruppe oder Familie, für die er sich einsetzt und aufopfert. Typisch für Fantasy-Romane sind ihr Happyend, wenn der Held alle Aufgaben erfolgreich gemeistert und das Böse abgewendet hat.
Berühmte Beispiele für Fantasy-Romane sind J.R.R. Tolkiens Trilogie Der Herr der Ringe (1954/55), Michael Moorcocks Elric von Melniboné (1972), Joanne K. Rowlings Harry Potter-Romane (seit 1997), C. S. Lewis‘ Die Chroniken von Narnia (1939-54), Michael Endes Die unendliche Geschichte (1979), Andrzej Sapkowskis Hexer/Witcher-Saga (1994-99) sowie Cornelia Funkes Tintenwelt-Trilogie (2003-07).