Wünschelrute
Einleitung, Reimschema, Metrik und Titel
Das kurze Gedicht „Wünschelrute“ schrieb Joseph Carl Benedikt Freiherr von Eichendorff im Jahr 1835. Zu diesem Zeitpunkt war der Dichter in Berlin in der Abteilung für katholisches Kirchen- und Schulwesen im Kultusministerium tätig. In den Jahren seiner Beamtentätigkeit, welche 1817 begann und sich bis zu seiner Entlassung im Jahr 1844 erstreckte, führte Eichendorff ein reiches geselliges und geistliches Leben, auf dem die Entfaltung seiner Dichtung basierte.
In Berlin verkehrte er mit Friedrich Carl von Savigny (1779-1861), Adelbert von Chamisso (1781-1831) und Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). In der Zeit verfasste er Novellen, Lust- und Trauerspiele, zeitgeschichtliche und politische Aufsätze, aber auch eine Vielzahl von Gedichten, welche 1837in einem Sammelband zum ersten Mal veröffentlicht wurden. Darunter befand sich auch dieser Vierzeiler, welcher trotz seiner Kürze oder gerade deswegen bis heute die Gemüter in Bezug auf die Interpretation spaltet. Ein Jahr später war das Gedicht auch im Deutschen Musenalmanach zu lesen.
Es besteht aus einer Strophe zu vier Verszeilen. Das Metrum ist ein vierhebiger Trochäus. Die Kadenzen variieren: Die Zeilen eins und drei enden mit einer klingenden, weiblichen Kadenz, die Verse zwei und vier mit einer stumpfen männlichen. Das Reimschema ist abba. Es ist folglich ein Kreuzreim, der aus reichen Reimen besteht.
Der Titel des Gedichts lautet „Wünschelrute“. Eine Wünschelrute ist ein gegabelter Zweig oder gebogener Draht, der seit dem Spätmittelalter von Wünschelrutengängern dazu benutzt worden ist, um Wasser- oder Erzadern zu finden. Die Anziehungskräfte oder Ausstrahlungen von Metallen, Wasseradern oder Gegenständen im Erdreich sorgen dafür, dass das Instrument reagiert und sich nach unten biegt.
Inhalt
Die erste Verszeile ist von hellen Vokalen geprägt: „Schläft ein Lied in allen Dingen“. Dieser Klang evoziert ein positives, gutes Lied. Das Lied könnte in Bezug auf den zeitgenössischen Gebrauch ein Gesang oder ein Gedicht darstellen. Die Personifikation des schlafenden Liedes legt nahe, dass in allen irdischen Dingen und darüber hinaus auch in Strukturen und Gedanken etwas verborgen ist.
Die zweite Verszeile wird durch die Alliteration „Die da“ und die Repetitio „fort und fort“ geprägt. Damit erscheinen auch die träumenden „Dinge“ personifiziert. Die beiden ersten Zeilen beschreiben damit die folgende Ausgangssituation: Die Welt besteht aus Dingen und darin enthaltenen Inhalten, die zunächst, beschäftigt man sich nicht weiter mit ihnen, einfach existieren, jedoch im Verborgenen noch mehr enthalten.
Der Satz setzt sich in den zwei nachfolgenden Versen fort. In der dritten Verszeile heißt es: „Und die Welt hebt a...