Bibel und Roman Vergleich
Zusammenhang an der Bibel
Roths Roman steht in einem deutlichen Zusammenhang mit der Hiob-Geschichte aus der Bibel. Im Mittelpunkt der Erzählung steht Mendel, ein Vater von vier Kindern, der mehrfach ein schweres Schicksal erleiden muss und darin die Strafe Gottes sieht. Im Gegensatz zu Hiob wendet er sich aber eine Zeitlang von Gott ab und begeht schwere Sünden. Manche Forscher gehen so weit, dass sie im Hiob-Stoff ein Symbol für die jüdische Leidensgeschichte sehen (Margarete Susman).
Schon der Anfang der Erzählung erinnert an einen biblischen Text: „Vor vielen Jahren lebte in Zuchnow ein Mann namens Mendel Singer. Er war fromm, gottesfürchtig und gewöhnlich, ein ganz alltäglicher Jude“ (S. 07). Vergleicht man diesen Einstieg mit dem Buch Hiob, so sind die Parallelen eindeutig: „Es war ein Mann im Lande Uz, sein Name war Hiob. Und dieser Mann war rechtschaffen und redlich und gottesfürchtig und mied das Böse“ (Hiob 1,1).
Da die Geschichten der Bibel Vorbildcharakter haben, sind auch die Figuren des Romans bis zu einem gewissen Grad Stereotypen, so auch Mendel, der als „gewöhnlich“ und „alltäglich“ beschrieben wird. Die soziale Position ist allerdings sehr verschieden: Während der biblische Hiob sehr reich ist und eine große Familie hat, so ist Mendel ein armer Lehrer, dessen Einkünfte gerade so zum Leben reichen (S. 07-08). Sowohl Hiob als auch Mendel sind sehr gläubige Juden.
Fragen der Theodizee
Ebenso wie in der biblischen Hiob-Geschichte betrachten die Beteiligten ihr Schicksal als eine Prüfung Gottes. Damit behandeln beide Erzählungen die Frage der Theodizee: Wie kann es sein, dass ein gerechter Gott guten Menschen schlechte Dinge widerfahren lässt? Kann es überhaupt im Angesicht des Leides und des Unglücks auf der Welt einen gerechten und gütigen Gott geben?
In beiden Erzählungen werden diese Fragen in einem Gespräch zwischen dem Betroffenen (Hiob / Mendel) und seinen Freunden erörtert. Mendel glaubt zwar trotz der Schicksalsschläge immer noch an Gott, da er es nicht wagt, seine Gebetsutensilien zu verbrennen, doch fühlt er sich von ihm „gehaßt“ (S. 144)...