Nähe des Geliebten

Einleitung

Im April 1795 nimmt Johann Wolfgang von Goethe an einem musikalischen Unterhaltungsabend im Haus des Jenaer Justizrates Gottlieb Hufeland (1760-1817) teil. Dort wird er von dem baltischen Musiker Johann Friedrich de La Trobe (1796-1845), einem Freund Carl Friedrich Zelters (1758-1832), mit den zelterschen Kompositionen bekannt gemacht.

Die Melodie zu dem Gedicht der Lyrikerin Friederike Sophie Christiane Brun aus dem Musen-Almanach für das Jahr 1795 „Ich denke dein“ berührt den Dichter besonders. Doch vertritt er die Meinung, dass der Text des Gedichtes der lebendigen Musik nicht gerecht werde. Er greift selbst zur Feder und schreibt einen eigenen Text zur Melodie. So entsteht „Die Nähe des Geliebten“. Goethe trägt es gleich der Gesellschaft vor, bei der das Gedicht großen Zuspruch findet. Kurz darauf übermittelt de La Trobe die Zeilen nach Berlin an Friedrich Zelter. Dies löst eine langjährige Freundschaft zwischen Goethe und Zelter aus.

Aufbau und Struktur

In seinem Gedicht greift Goethe einige Motive aus dem Werk Friederike Bruns auf. Er übernimmt den formalen Aufbau der Strophen. Die vier Strophen bestehen aus vier Versen, deren Struktur durch den Wechsel eines fünfhebigen Jambus mit weiblicher Kadenz und eines zweihebigen Jambus mit männlicher Kadenz bestimmt wird.

Die Verse sind im Kreuzreim gebunden, das Reimschema der Strophen ist folglich „abab“. Dieser stilistische Aufbau legt ein ruhiges, aber bewegtes Sprechen nahe. Die erste und dritte Verszeile jeder Strophe sind wesentlich länger als die zweite und vierte und enthalten in den ersten beiden Strophen und der ersten Zeile der dritten Strophe am Ende ein Enjambement, was einen großen Einfluss auf den Leserhythmus hat. Des Weiteren wird die Betonung und der Lesefluss vom Satzbau geprägt.

Die Strophen eins bis drei bilden einen Satz. Die Strophe vier besteht aus zwei durch Ausrufezeichen stark betonte Sätze. Die Verse eins und drei zeigen nach der zweiten Hebung eine Zäsur, die in der dritten Strophe, die dritte Verszeile ausgenommen, durch ein Komma markiert ist. Dieser Kunstgriff des Dichters strukturiert jedoch nicht nur den Leserhythmus, sondern trennt den Satz in einen Teil, der die Gefühls- und Vorstellungseben...

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