Ganymed

Einleitung

Die Hymne „Ganymed“ von Johann Wolfgang von Goethe wurde im Jahr 1774 verfasst und wurde im achten Band der gesammelten Schriften des Autors 1789 veröffentlicht. Als ein typisches Werk der Erlebnis- und Naturlyrik gehören die Verse der Epoche des Sturm und Drang an.

Goethe hat bei seinem einjährigen Aufenthalt in Straßburg gemeinsam mit Johann Gottfried Herder (1744-1803) und Jacob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) die Stilrichtung des Sturm und Drang entwickelt. Die Dichtung ist durch eine offene Form gekennzeichnet und ist ausschließlich dem Dichtergenie verpflichtet. Sie ist konzipiert als radikale Alternative zu den Denkmustern der Aufklärung sowie der französischen Vorbilder (Corneille, Racine) und ist mit der Hochschätzung Shakespeares eng verbunden.

Die Unmittelbarkeit des Gefühls und der Leidenschaft sowie das spontan gesprochene Wort stehen dabei im Vordergrund und werden besonders durch Ausrufe und abgebrochene Sätze betont.  Begriffe, wie Herz, Schmerz, Natur, Liebe und Glaube, sind für die Lyrik des Sturm und Drang charakteristisch und kommen auch in der vorliegenden Hymne zum Einsatz.

Struktur und Titel

„Ganymed“ ist eine Hymne aus fünf Strophen mit unterschiedlicher Anzahl der Verse, welche wiederum unterschiedliche Längen aufweisen, die zwischen zwei und neun Silben variieren. Die Strophen zwei und vier bestehen aus zwei Verszeilen. Die Strophen eins, drei und fünf steigern sich von acht auf zehn Verse.

Ein regelmäßiges Metrum ist nicht gegeben. Ebenso liegt kein Reimschema vor. Die Kadenzen wechseln sich ohne ein erkennbares Muster ab.  Es handelt sich bei der Hymne folglich um freie Rhythmen.

Goethes Hymne „Ganymed“ verkörpert ein „Rollengedicht“, denn der Titel liefert einen Hinweis auf die Identität des Lyrischen Ichs. Ganymed war eine Gestalt aus der griechischen Mythologie. Er war der Sohn des trojanischen Königs Tros und der Schönste aller Sterblichen. Seine liebliche Gestalt wirkte so stark auf Zeus, dass er sich in einen Adler verwandelte und den Jüngling entführte. Ganymed lebte dann ewig auf dem Olymp und erledigte die Arbeit eines Mundschenks für die Götter.

Erste Strophe

In der ersten Strophe wendet sich das Lyrische Ich an den Frühling. Sein Monolog findet an einem Frühlingsmorgen statt. Die ersten beiden Verszeilen sind durch ein Enjambement miteinander verknüpft. Mit der dritten Verszeile bilden sie gemeinsam die erste syntaktische Einheit: „Wie im Morgenrot / Du rings mich anglühst, / Frühling, Geliebter!“

Das Lyrische Ich spricht den Frühling direkt an, der Frühling erscheint durch den Ausruf personifiziert. Das Adverb „rings“ suggeriert, dass der Sprecher sich von der Natur umschlossen fühlt. Das Verb „anglühst“ vermittelt dabei eine positive Konnotation dieser umrahmenden Wahrnehmung. Der Frühling glüht vor Schönheit.

Die Bezeichnung des Frühlings als „Geliebter“ bringt das Gefühl des Lyrischen Ichs deutlich zum Ausdruck. Dieses empfindet Liebe für die es umgebende Natur. Die Hyperbel „mit taus...

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