Walpurgisnacht
Die realen Ort und Begebenheit
Wie in der Szene „Auerbachs Keller in Leipzig“ spielt die Szene „Walpurgisnacht“ an einem realen Ort, und zwar auf dem Blocksberg im Harz. Dorthin lockt Mephisto Faust am Tage der Walpurgisnacht, damit dieser an einer wilden Hexenfeier teilnimmt. Dies ist Teil des Versuches von Mephisto, den Gelehrten vom rechten Weg abzubringen, um somit die mit Gott abgeschlossene Wette zu gewinnen.
Nach dem Volksglauben versammelten sich jedes Jahr in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai die Hexen auf dem Brocken, um sich mit ihrem Herrn, dem Teufel, zu treffen und ihr Unwesen zu treiben. Dabei wurde es fröhlich und außerdem ungehemmt getrunken, gegessen und getanzt. Das Zusammentreffen entwickelte sich dann zu ungezügelten Orgien mit sexuellen Exzessen.
Die Wurzeln der Walpurgisnacht liegen in vorchristlicher Zeit begründet und gehen auf keltischen und germanischen Glauben zurück. Die Feier, in dessen Rahmen vermutlich böse Geister vertrieben werden sollen, ist gleichzeitig ein Frühlingsfest und der Ausdruck der Freude der Menschen über das Ende des Winters.
Die Walpurgisnacht wird am Vorabend des Namensfestes der heiligen Walburga (um 710-779) gefeiert. Walburga war eine englische Benediktinerin und Äbtissin, die am 1. Mai um das Jahr 870 heiliggesprochen wurde. Sie galt als Schutzpatronin gegen böse Geister. Im Mittelalter ließ man die Kirchenglocken an diesem Tag deshalb läuten, um sich vor Hexenspuk zu schützen. Die Walpurgisnacht ist heute noch vielerorts ein großes traditionelles Fest. Es wird getanzt und das Walpurgisfeuer entzündet, um böse Geister zu vertreiben.
In Goethes Drama wird die 'Reise' von Faust und Mephistopheles auf den Blocksberg im Harz mithilfe einer langen Erzählung, die insgesamt 1500 Verse umfasst, geschildert. In dieser Erzählung entwirft der Autor ein lebendiges, rauschendes Bild der Walpurgisnacht mit den zahlreichen Gestalten und Details.
Introduktion
Bei der Szene „Walpurgisnacht“ handelt es sich eigentlich um eine Fortsetzung der vorigen Szene „Nacht“, in der Mephistopheles bereits an die Freuden der baldigen Walpurgisnacht denkt: „So spukt mir schon durch alle Glieder/ Die herrliche Walpurgisnacht./ Die kommt uns übermorgen wieder,/ Da weiß man doch, warum man wacht.“ (V. 3660-3663). Nachdem der Teufel in einem Spottlied die unwiderruflich verlorene Unschuld Margaretes besungen hat, verletzt Faust dann in einem Gefecht Margaretes Bruder Valentin tödlich. Anschließend fliehen Faust und Mephisto. Die beiden sind nun am Beginn der Szene „Walpurgisnacht“ auf dem Blocksberg angekommen.
In ihrer Funktion hat die Szene „Walpurgisnacht“ eine entscheidende Bedeutung. Sie folgt innerhalb der Gretchentragödie auf die Szene „Dom“, die Margaretes Verzweiflung und ihrem Schicksal gewidmet ist: Ihr bevorstehender gesellschaftlicher und moralischer Fall wird ihr durch Geisterstimmen angedeutet, die sie verfolgen. Die nun folgende Walpurgisnachtszene ist kontrastierend dazu konzipiert.
In der Walpurgisnacht lässt sich Faust von Mephistopheles dazu verführen, seine aufkommenden Schuldgefühle gegenüber Margarete durch ein ausgiebiges Fest der Sinne zu ersticken. Dadurch versucht Mephistopheles, Faust vollkommen auf seine Seite zu ziehen und ihn Margarete endgültig vergessen zu lassen.
Die Szene stellt außerdem eine Zäsur in der abfallenden dramatischen Handlung dar: Während Faust sich dem sinnlich - orgiastischen Treiben der Walpurgisnacht hingibt, entscheidet sich Margaretes Schicksal durch die folgenden Ereignisse endgültig: Durch die Geburt und Tötung ihres unehelichen Kindes und durch ihre Verurteilung zum Tode. Dieses äußere Geschehen wird in der Tragödie nicht dargestellt, sondern in der Szene selbst nur angedeutet. Am Ende der Walpurgisnacht hat Faust eine Vision von Margaretes Hinrichtung.
1 - Wanderung durch die fantastische Natur
Die Szene lässt sich in fünf Abschnitte gliedern. Der erste Abschnitt umfasst die Wanderung von Faust und Mephistopheles über den Brocken, bei der ihnen ein Irr...