Marthens Garten

Einführung und Form

Die Szene „Marthens Garten“ ist ein Bestandteil der Gretchen-Tragödie und stellt den entscheidenden Wendepunkt des Dramas dar, indem sie auf den Beischlaf von Margarete und Faust verweist.

Die Szene folgt auf die beiden Szenen „Wald und Höhe“, in der Faust mit seiner Begierde nach Margarete ringt, von Mephisto aber in dieser bestärkt wird, und „Gretchens Stube“, welche das Lied Gretchens über ihre Gefühle zu Faust und ihre Sehnsucht nach ihm umfasst.

Der Szene folgt die Szene „Am Brunnen“. Hier wird in einem Gespräch zwischen Gretchen und Lieschen auf die Zukunft Margaretes vorausgewiesen. Margaretes Monolog auf dem Heimweg macht deutlich, dass der Beischlaf vollzogen wurde.

„Marthens Garten“ besteht aus zwei Teilen: Einem Gespräch zwischen Margarete und Faust sowie einem Gespräch zwischen Faust und Mephisto. Die Hauptthematiken sind dabei Fausts fehlender christlicher Glaube, Margaretes Eindruck von seinem ständigen Begleiter Mephisto und die Verabredung zum nächtlichen Zusammensein.

In der Szene dominiert der Madrigalvers in Form der Lang- und Kurzverse, wobei die zweite Kategorie für Pointen und die Betonungen bestimmter Sachverhalte genutzt wird. Auch Blankverse, Knittelverse und freie Rhythmen finden Verwendung, um die Regelmäßigkeit der Jamben aufzulockern sowie das Gesagte zu untermauern. Die Reime sind überwiegend Kreuz- oder Paarreime, jedoch findet auch ein verschränkter Reim seine Verwendung.

Teil 1: Gespräch zwischen Margarete und Faust

Die Frage der Religion (3413 - 3469)

3413 - 3430

Mit der Aufforderung „Versprich mir, Heinrich!“ beginnt das Gespräch zwischen Margarete und Faust. Er antwortet mit einem kurzen: „Was ich kann!“. Die beiden Kurzverse sind zwar mit den nachfolgenden durch den reichen Reim „kann“-„Mann“ miteinander verbunden, stehen jedoch deshalb unabhängig davon, da Margarete das Gespräch nachfolgend mit einer Frage zu Fausts Glauben fortführt. Was Heinrich versprechen soll, wird in dieser Situation nicht deutlich. Dass er allerdings bereit ist, dem Objekt seiner Begierde alles in seiner Macht Stehende zu versprechen, kommt hier deutlich zum Ausdruck.

Die nachfolgenden Verse sind als Madrigalverse mit geringfügigen Abweichungen im Bereich des jambischen Versmaßes konzipiert. Margarete äußert eine sehr positive Einschätzung zu Fausts Person und fragt ihn nach seinem Standpunkt zur Religion. Ihre Aussage „Du bist ein herzlicher guter Mann/ Allein ich glaub du hältst nicht viel davon“ (3416) vermittelt den Eindruck eines Widerspruchs, der darin besteht, dass ein guter Mensch auch des Glaubens an Gott bedarf, was bei Faust nach Margaretes Empfindung nicht zutrifft. Dieser Eindruck kommt durch die Verwendung des Adjektivs „Allein“ zustande, das eine Einschränkung enthält. Der rührende Reim „Religion“-„davon“ betont hier den Zusammenhang zwischen dem Nomen und dem darauf verweisenden Adverb.

Faust antwortet distanziert: „Lass das, mein Kind!“ (3418) Er möchte zur Religion keine Stellung nehmen. Als Mann der Wissenschaft ist er nie gottesfürchtig gewesen und nun nach dem Pakt mit dem Teufel hat er sich noch weiter von Gott entfernt (auch wenn seine Skrupel in der vorangegangenen Szene seine positiven menschlichen Eigenschaften belegen). Die Anrede „mein Kind“ verdeutlicht einerseits seine Zuneigung zu Gretchen, aber andererseits auch sein wesentlich höheres Alter, welches nach seiner optischen Veränderung nicht mehr sichtbar ist.

Mit seinen nachfolgenden Ausführungen weicht Faust ihrer Frage aus: „Du fühlst, ich bin dir gut;/ Für meine Lieben ließ‘ ich Leib und Blut,/ Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben“ (3418-3420). Mit dem Adjektiv „gut“ greift er Gretchens Aussage wieder auf: Faust sagt damit, dass ihr Gefühl, er sei ein guter Mann, richtig ist, da er ihr wohlgesonnen ist und er für seine „Lieben“, in deren Kreis er sie mit einschließt, alles tun würde. Der Ausdruck „Leib und Blut“ legt einen Verweis auf Jesus nahe, der für die Menschen seinen Körper, und damit das irdische Leben, sein Fleisch und Blut, geopfert hat. Die Alliteration „Lieben ließ‘ ich Leib“ unterstreicht die Aussage Fausts und damit seine Opferbereitschaft.

Der letzte Vers „Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben“ steht schließlich für seine Toleranz. Faust ist dazu bereit, andere Denkmuster als die seinigen zu respektieren. Gleichzeitig distanziert er sich aber von diesen, was die doppelte Verwendung des Personalpronomens „sein“ unterstreicht. Der reiche Reim „gut“-„Blut“ dient dazu, Fausts Aussage von seiner Güte und Opferbereitschaft zu bekräftigen. Der reiche Reim „Glauben“- „rauben“ stellt zum einen eine rhythmische Überleitung zu Margaretes Antwort her sowie bewirkt zum anderen die Gegenüberstellung von Toleranz und Glauben.

Margarete stuft Toleranz als nicht ausreichend ein, „nicht recht“. Sie macht deutlich, dass der Glaube das Ausschlaggebende ist: „Man muss dran glauben“ (3421). Die Alliteration bekräftigt ihren Standpunkt. Fausts Antwort ...

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