Wahnsinn im Kerker

In der Szene „Kerker“ wird Gretchens Wahnsinn deutlich. Gretchens Lied deutet schon am Anfang der Szene ihre psychische Störung an. Ihre nachfolgende Verwirrung, als Faust den Kerker betritt, bezeugt darüber hinaus ihre verdrehte Wahrnehmung der Realität. Gretchen hat Wahnvorstellungen, die sich in Form von Verdrängung und Visionen äußern und die Grausamkeit der bürgerlichen Gesellschaft, ihre und Fausts Schuld sowie Gretchens Angst vor der Hölle zum Thema haben. 

Das Verdrängen der eigenen Vergangenheit 

Als Gretchen zu Beginn der Szene hinter Faust ihren Henker vermutet, bittet sie diesen um mehr Zeit, damit sie ihr Kind noch tränken kann. Sie verdrängt ihren Kindsmord. Das geht auch aus den Zeilen hervor: „Ich herzt es diese ganze Nacht;/ Sie nahmen mir’s um mich zu kränken/ Und sagen nun, ich hätt es umgebracht.“ (V. 4444ff). 

Mit „Sie“ sind hier die Bürger der Stadt gemeint. Gretchen stellt sich folglich als Opfer dar. Sie blendet aus, dass sie ihr Kind selbst getötet hat. Diese Verdrängung verdeutlicht, dass Gretchen nicht dazu in der Lage ist, das Erlebte zu verarbeiten oder das Ausmaß der eigenen Handlungen zu erfassen. Dadurch kann Gretchen sich für einen kurzen Moment von den Gewissensbissen befreien, indem sie jemand anderen als schuldig bezeichnet.

Im gesamten Kontext des Dram...

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