Narzissmus

Der Begriff Narzissmus stammt aus der griechischen Mythologie. Narziss (auch Narcissus) ist der Sohn des Flussgottes Kephissos und der Wassernymphe Leiriope. Er ist so stolz auf die eigne Schönheit, dass er alle Menschen, die um ihn werben, herzlos abweist. Die Götter strafen sein Verhalten mit einer unstillbaren Selbstliebe. Er verliebt sich in sein eigenes Spiegelbild und verzehrt sich vor dem Bild seines eigenen Antlitzes bis zu seinem Tod. Statt einer Leiche finden die Dryaden eine Narzisse. Ein anderes Ende der Geschichte ist, dass er sich mit seinem Spiegelbild vereinen will und ertrinkt.

Narzissten zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf den ersten Blick sehr faszinierend, überzeugend und einnehmend sein können. Wenn sie in einer Gesellschaft auftreten, werden sie oft als selbstbewusst und attraktiv wahrgenommen. So auch Werther, der zu Beginn der Erzählung stets im Mittelpunkt der Gesellschaften steht und sich mit allen Menschen um sich herum recht gut versteht. Wie ein klassischer Narzisst ist auch er sehr von sich selbst überzeugt und genügt damit auch sich selbst: „Ich kehre in mich selbst zurück, und finde eine Welt!“ (S. 12.)

Ebenso haben Studien belegt, dass ein Narzisst sich durch übermäßiges Reden auszeichnet. Dabei stellt er sein persönliches Empfinden stets in den Vordergrund und über das Erleben der anderen. Dies wird im Text sehr deutlich durch die Zahl an Briefen und die Berichte seiner Gespräche.

Auch im Beruf fallen Narzissten dadurch auf, dass sie sich nur schwer unterordnen können. Sie halten sich meist selbst für wesentlich kompetenter als ihren Vorgesetzten. Ihre Arbeit empfinden sie oft als nicht genug gewürdigt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Werther mit dem Gesandten in der Stadt D.. nicht zurechtkommt. Schon der Beginn ihrer beruflichen Beziehung ist für einen Narzissten nicht zu akzeptieren: Der Gesandte lässt ihn warten. Für Werther ist er „der pünktlichste Narr, den es nur geben kann“ (S. 74), dem es „niemand zu Danke machen kann“ (S. 74). Werther schreibt oft „leicht weg, und wie es steht, so steht es“ (S. 74). Der Gesandte gibt ihm oft seine Schriftstücke zurück und bittet ihn um eine Überarbeitung – für Werther ein echter Affront: „Das ist ein Leiden, mit so einem Menschen zu tun zu haben“ (S. 74).

Werther sieht diesen Konflikt auch...

Der Text oben ist nur ein Auszug. Nur Abonnenten haben Zugang zu dem ganzen Textinhalt.

Erhalte Zugang zum vollständigen E-Book.

Als Abonnent von Lektürehilfe.de erhalten Sie Zugang zu allen E-Books.

Erhalte Zugang für nur 5,99 Euro pro Monat

Schon registriert als Abonnent? Bitte einloggen