Johann Ludwig Tieck

Johann Ludwig Tieck wurde am 31. Mai 1773 in Berlin als Sohn eines Seilermeisters geboren. Sein Vater, ein handwerklich begabter und für seine Verhältnisse gebildeter Mann, war bestrebt, seinen Kindern eine höhere Laufbahn zu ermöglichen. 1782 schickte er seinen Sohn auf das Friedrichs-Werder´sche Gymnasium.

Mit der Note Genügend bestand dieser 1792 im Alter von 19 Jahren das von dem Leiter der Schule und bedeutenden Pädagogen Friedrich Gedige eingeführte Abiturexamen, außer in dem Fach Mathematik, in dem Tieck nur über geringe Kenntnisse verfügte. Frühzeitig aber entwickelte sich in ihm eine Neigung zur dramatischen Literatur. Sein Schulkamerad, Wilhelm Hensler, führte Tieck in das Haus des Kapellmeisters Reichardt ein, in dem sich eine Gesellschaft traf, die Musik machte und Theater spielte. Das Auswendiglernen der Rollen für das Liebhabertheater wurde für Tieck wichtiger als seine Schulaufgaben.

Tieck besuchte häufig das Nationaltheater und begann, eigene Dichtungen zu verfassen, so zum Beispiel das im Jahr 1789 unter dem Titel "Sommernacht" entstandene Fragment oder das 1790 verfasste Feenmärchen "Das Reh" und mehrere dramatische Texte. Tiecks Lehrer erkannten sein Talent und förderten dieses, ließen ihn an eigenen Projekten mitarbeiten.

Im Frühling 1792 begab sich der Dichter als Stipendiat an die Universität Halle, um dort Theologie zu studieren, beschäftigte sich jedoch nur in geringem Maße mit dem Fach. Er besuchte fast keine Vorlesungen und wechselte nur ein Semester später nach Göttingen. Dort beschäftigte er sich mit Shakespeare und seinen Zeitgenossen. Er übersetzte und verfasste weiterhin eigene Dichtungen, zum Beispiel die Erzählungen "Abdallah" und „Adalbert und Emma" oder das Trauerspiel "Der Abschied".

Kurz vor Ostern 1793 begab sich Tieck mit seinem ehemaligen Schulkameraden und Freund W. H. Wackenroder nach Erlangen, wo sie ein Semester studierten und die Umgebung, insbesondere Nürnberg, erkundeten. Anschließend kehrten beide nach Göttingen zurück und besuchten für ein Jahr Veranstaltungen der Universität. Tieck verfasste kleinere wissenschaftliche Abhandlungen zu Shakespeare und arbeitete an seinem Roman in Briefen "William Lovell", dessen erstes Band er 1794 vollendete.

Am Ende des Sommersemesters 1794 verließ Tieck Göttingen und die Universität, fest entschlossen, sich der schriftstellerischen Laufbahn zu widmen. Im Herbst befand er sich wieder in Berlin, wo er mit Friedrich Nicolai, einem Hauptvertreter der Berliner Aufklärung, welche ihm verhasst war, Kontakt aufnahm. Nicolai erklärte sich bereit, mehrere Werke des Dichters zu verlegen, und erteilte ihm die Aufgabe, die "Straußenfedern" fortzusetzen, ein periodisch erscheinendes Buch voll neuer Erzählungen.

Von 1795 bis 1798 gab Tieck fünf Bänder dieser Sammlung heraus, welche zahlreiche Erzählungen des Autors enthielten. Darüber hinaus arbeitete er an Märchen sowie weiteren Schriften, die erst zu einem späteren Zeitpunkt Veröffentlichung fanden, und stellte den Roman "William Lovell" fertig (Band 2,3 1796).

Tieck lebte in Berlin mit seinem Bruder Friedrich, einem angehenden Bildhauer, und seiner Schwester Sophie, die sich im Schreiben versuchte, zusammen. 1798 vermählte er sich mit Amalie Alberti, der Tochter eines Hamburger Predigers, die er bereits als Gymnasiast kennengelernt hatte und die den Grund für seine Rückkehr von Göttingen nach Berlin darstellte. Das Paar hatte sich bereits 1796 verlobt. 1799 wurde die Tochter Dorothea geboren,  bevor die Familie kurz darauf nach Jena übersiedelte. Wenige Jahre später folgte die Tochter Agnes.

Die Freundschaft Tiecks mit den Brüdern Schlegel hatte an dem Entschluss, nach Jena umzuziehen, einen großen Anteil. Dort lernte der Dichter außerdem Fichte, Schelling, Brentano sowie Novalis kennen. Auch mit Böhme, Herder und Schiller trat er in Kontakt. Goethe hat er seinen neuen Roman "Leben und Tod der heiligen Genoveva" (1799) vorgelesen. Außer dem Verfassen eigener Dichtungen gab er in Jena zwei Ausgaben des "Poetischen Journals" heraus, welches sich aber nicht etablieren konnte. Er erarbeitete die Übersetzung von Cervantes´ "Don Quixote" (1799-1801).

1800 unternahm er eine Reise nach Hamburg. Im Frühjahr 1801 zog er nach Dresden, wo er sich jedoch nicht glücklich fühlte. Am 25. März verstarb Novalis, dessen Schriften Tieck gemeinsam mit Friedrich Schlegel im Jahr 1802 herausgab. In demselben Jahr starben auch die Eltern des Dichters. In dieser Zeit verfasste er die düstere Erzählung "Die Runenburg". Er gab mit A.W. Schlegel einen Musenalmanach heraus und arbeitete zwei Jahre an einem Werk, basierend auf dem Volksbuch über den Kaiser Octavian, das er in Hamburg gefunden hatte, "Kaiser Octavianus, ein Lustspiel in 2 Teilen"(1804), in welchem der Dichter seine Meinung über die romantische Dichtung nicht nur kundtut, sondern diese auch verkörpert und gestaltet.

Tieck empfand es als äußerst unangenehm, keinen festen Wohnsitz zu haben und ständig mit Geldproblemen konfrontiert zu sein. Er versuchte, die Stelle eines Regisseurs und Dramaturgen in Frankfurt am Main zu bekommen, scheiterte jedoch und ließ sich im Herbst 1802 mit der Familie in Ziebingen, und zwar auf dem Gut des alten Schulkameraden und Freundes Wilhelm von Burgsdorff nieder. Hier beschäftigte sich Tieck mit der mittelhochdeutschen Dichtung und gab 1803 "Minnelieder aus der schwäbischen Vorzeit" heraus.

 In den Jahren 1804-1808 veröffentlichte der Dichter nichts. Er hatte inzwischen Ziebingen 1804 verlassen, um seiner Schwester beizustehen, die sich in ihrer Ehe nicht glücklich fühlte und mit den beiden Söhnen dem Ehemann entfloh. Sie begaben sich nach München, von wo aus Sophie nach Rom weiterreiste. Tieck erkrankte an der Gicht und konnte der Schwester erst ein Jahr später folgen.

In Italien schrieb Tieck die "Reisegedichte eines Kranken". Die meiste Zeit verbrachte er mit dem Studium der mittelalterlichen deutschen Dichtung und fertigte Abschriften aus den Codices der Vatikanischen Bibliothek an. Als er 1806 nach Deutschland zurückkehrte, verbreitete sich das Gerücht, er und seine Schwester seien zur katholischen Religion übergetreten. Später bekannten sich die Frau und die Tochter Dorothea des Dichters zum Katholizismus und die Dichtungen Tiecks wiesen vermehrt Stellen auf, die auf eine solche Entwicklung hindeuteten. Doch obwohl Tieck der römischen Kirche Anerkennung schenkte, war das Gerücht falsch, weder er noch seine Schwester sind je Katholiken geworden.

Die Zeit zwischen 1806 und 1808 verbrachte er auf den Gütern seiner Freunde in Ziebingen und Sandow. 1808 reiste er über Dresden nach Wien, wo er erfolglos versuchte, eine feste Anstellung am Hofburgtheater  zu bekommen. Dennoch vollendete er in Wien den ersten Akt des Schauspiels "Das Donauweib", welches allerdings nur Fragment blieb. 

Von 1807 bis 1810 stand der Dichter seiner geschiedenen Schwester in München zur Seite. 1809 litt er erneut an Gicht. Die Erkrankung zog sich lange hin und verursachte eine bleibende Krümmung des Oberkörpers. Im Sommer 2010 machte er eine Kur in Baden-Baden und kehrte im Herbst nach Ziebingen zurück. Dort blieb er bis 1813 und veröffentlichte nach einer langen Pause "Alt englisches Theater oder Supplemente zu Shakespeare" (2 Bände 1811), "Die Werke Friedrich Müller´s" in drei Bänden und beschäftigte sich weiterhin mit der mittelalterlichen Dichtung. Er begann die Arbeit an einem Sammelwerk unter dem Titel "Phantasus", welches jedoch unvollendet blieb.

Als die Mark Brandenburg im Jahr 1813 zu einem Kriegsschauplatz wurde, begab sich Tieck nach Prag, wo er erneut mit Brentano zusammentraf. Nach der Schlacht bei Leipzig kehrte er zurück und blieb bis 1819 auf dem Gut in Ziebingen. Hier arbeitete er weiter am "Phantasus" und beschäftigte sich mit der Entwicklung des deutschen Theaters, welche er, veranschaulicht in 20 Schauspielen, 1817 in zwei Bänden unter dem Titel "Deutsches Theater" herausgab.

Der Aufenthalt in Tübingen wurde durch kleine Ausflüge und eine größere Reise unterbrochen. Sein Freund Burgsdorff lud den Dichter zu einer Reise nach England ein. Auf der Rückreise machten die Reisenden auch in Paris Halt. Im Sommer 1819 siedelte die Familie Tieck nach Dresden über, wo der Dichter zum Mittelpunkt des literarischen Lebens wurde.

In der Zeit zwischen 1822-1840 veröffentlichte Tieck 40 Novellen. Er wandte sich von der Vergangenheit in Form des Mittelalters ab und konzentrierte sich poetisch nun auf die Gegenwart. In den Jahren 1821-1823 gab er außerdem in drei Bänden eine Sammlung seiner Gedichte heraus, 1821 und 1826 die Werke Kleists, den er im Jahr 1808 persönlich kennengelernt hatte.

1828 widmete er sich dem Werk von J.M.R. Lenz und veröffentlichte dieses in drei Bänden. Die Ausgaben wurden jedoch keinem wissenschaftlichen Anspruch gerecht. So wie in den früheren Schriften zum Mittelalter fehlte Tieck die Geduld und Stetigkeit für das methodische wissenschaftliche Arbeiten. Auch sein großes Vorhaben, ein Buch über Shakespeare und die englischen Dramen zu veröffentlichen, konnte er nicht verwirklichen.

Im Jahr 1825, im Alter von 52 Jahren, wurde Tieck zum Dramaturgen am Dresdener Hoftheater und erlangte den Titel eines Hofrats. Hier fand der Dichter folglich endlich die langersehnte Heimat, die feste Anstellung und das große Ansehen, besonders die Abende, an denen er in seiner Wohnung Schauspiele vorlas, erfreuten sich bei der Dresdner Gesellschaft und extra dafür Anreisenden großer Beliebtheit. Auch die Novellen Tiecks wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Schließlich starb 1837 seine Frau, 1841 seine Tochter Dorothea, auch viele Freunde und Anhänger waren bereits verschieden. Zudem wurde die Dresdener Gesellschaft immer unzufriedener mit seiner Einwirkung auf das Theater der Stadt. Somit freute sich der Dichter, dass ihn König Friedrich Wilhelm IV. nach Preußen einlud und ihm ab dem 1. Januar 1841 eine großzügige Rente ohne jegliche Verpflichtungen zusprach.

Sommer 1841 verbrachte Tieck erneut in Potsdam. Bei seiner Rückreise nach Dresden stand der Entschluss fest, nach Potsdam überzusiedeln. Am 1. Januar 1842 erhielt Tieck den Rothen Adlerorden 3. Classe und den Titel des Geheimen Hofrathes, seine großzügige Rente wurde um mehr als das Doppelte aufgestockt. Der Umzug erfolgte im Herbst 1842. Tieck war nun um die Herausgabe seiner gesammelten Werke bemüht, mit der er bereits begonnen hatte. Er schrieb nur noch sehr wenig. Im April 1853 verstarb er im Alter von fast 80 Jahren in Berlin, nachdem es um den Dichter immer einsamer und stiller geworden war.

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