Heinrich von Kleist
Im Oktober 1777 (Kleists Angabe: 10. 10., offiziell eingetragen 18. 10.) kommt Bernd Heinrich Wilhelm als erster Sohn der märkischen Adelsfamilie von Kleist in Frankfurt an der Oder zur Welt. Seine Eltern sind der Stabskapitän und spätere Major Joachim Friedrich von Kleist und seine Frau Juliane Ulrike von Kleist, geborene von Pannwitz.
Heinrich von Kleist hat sechs Geschwister, einen jüngeren Bruder, drei Schwestern und zwei Halbschwestern. Die Eltern sterben sehr früh: der Vater, als Heinrich 11 Jahre alt ist, und die Mutter fünf Jahre später. Kleist tritt nach ein paar Jahren Schulzeit bereits im Alter von 15 Jahren in das Potsdamer Garderegiment ein. Hier dient er sieben Jahre lang. Er wird zuerst Portepee-Fähnrich und dann Unterleutnant. 1793 nimmt er am Rheinfeldzug gegen Frankreich teil, zwei Jahre bevor zwischen Preußen und Frankreich ein Separatfrieden geschlossen wird.
Mit 21 Jahren verlässt Heinrich von Kleist das Regiment und nimmt wieder Unterricht. Er hält sich in den Kreisen preußischer Adelshäuser auf. Er beginnt in seiner Heimatstadt ein Studium der Mathematik und der Physik und hört auch gern bei philosophischen oder staatswissenschaftlichen Vorlesungen zu. Doch das Studium bricht er nach anderthalb Jahren wieder ab.
Heinrich von Kleist geht nach Berlin und beschäftigt sich mit den Philosophien der Aufklärung. Er möchte in den Staatsdienst eintreten und Beamter werden. Doch neben diesem soliden beruflichen Ziel gerät er, ausgelöst durch Kants Lehre, in eine Krise. Kant sagte, dass die Sinne und der Verstand eines Menschen die Wirklichkeit, in der er lebe, mitformen würde. Kleist erkennt: „Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint“ (Zeit online). Diese Gedanken nagen so sehr an ihm, dass es zu der „Kant-Krise“ kommt, die auch heute noch einen bekannten Teil der Biografie des Autors ausmacht.
Eine 1800 inoffiziell geschlossene Verlobung mit der Generalstochter Wilhelmine von Zenge löst er 1802, als er in der Schweiz lebt.
In dieser Zeit beginnt Heinrich von Kleist, literarische Werke zu schreiben. Er zieht nach Wieland, wo er auch Goethes und Schillers Bekanntschaft macht.
Er reist sehr viel in seinem Leben und lebt an unterschiedlichen Orten, aber immer nur für kurze Zeit an einem Ort. Im Laufe seines Lebens wohnt er auch in Paris, Dresden und Prag.
Im Jahre 1803 hat er einen Zusammenbruch und muss eine Weile lang ärztlich behandelt werden. Sein Arzt ist Georg Wedekind, ein Revolutionär, der selbst auch schreibt.
1804 bekommt Heinrich von Kleist eine Stellung als Staatsbeamter. Er arbeitet an der Domänenkammer in Königsberg (heute Kaliningrad) für den Reformer Hans Jakob von Auerswald. Preußen wird 1806 unter Napoleon von den Franzosen besetzt. Im Januar 1807 wird er auf dem Weg nach Berlin inhaftiert, weil er der Spionage verdächtigt wird. Er wird nach Frankreich transportiert, kommt im selben Jahr aber wieder frei.
Nach seiner Freilassung gibt Heinrich von Kleist gemeinsam mit dem Philosophen Adam Heinrich Müller 1808 in Dresden die Kunstzeitschrift „Phöbus“ heraus. In diesen Heften erscheint 1808 die Novelle „Die Marquise von O…“ und später auch die Novelle „Michael Kohlhaas“.
Seine letzten beiden Jahre verbringt er in Berlin. Er ist Herausgeber der ersten Berliner Tageszeitung, „Berliner Abendblätter“, doch die Zeitung erzeugt Konflikte, wird zensiert und schließlich eingestellt.
In Berlin sind seine Freunde romantische Künstler und politische Reformer. Heinrich von Kleist schreibt in seinen letzten Lebensjahren mehrere Werke, doch er will schon seit Längerem wieder zurück zum Militär. Er schafft es aber nicht, dort eine Position zu bekommen. Kleist hat nur sehr wenig Geld zum Leben und verliert zunehmend die Lust zu leben. Über die politische Situation ist er verzweifelt, mit seiner Karriere sehr unzufrieden, und in persönliche Beziehungen hat er kein Vertrauen.
Er findet in der todkranken Henriette Vogel eine Verbündete für einen gemeinsamen Freitod. Die beiden treffen sich am 21. 11. 1811 am kleinen Wannsee, wo Heinrich von Kleist zuerst Henriette und anschließend sich selbst erschießt, im Alter von nur 34 Jahren.
Heinrich von Kleist hat einige Erzählungen und Theaterstücke geschrieben. Auch wenn er es nicht zu Lebzeiten zum erhofften Ruhm geschafft hat, sind seine Werke heute sehr beliebt und bekannt. Zu den berühmtesten zählen die Erzählungen „Die Marquise von O…“ (1808) und „Das Erdbeben in Chili“(1807) sowie die Stücke „Das Käthchen von Heilbronn“ (1810) und „Der zerbrochene Krug“ (1811). Kleist fiel besonders auf durch seine literarische Kunst, denn er folgte nicht den Merkmalen der literarischen Strömungen, die seine Zeitgenossen kreierten. Seine Protagonisten haben zum Beispiel reale Probleme in der wirklichen Welt und sind nicht, wie es für die Romantik typisch wäre, in ihrer Gedankenwelt versunken.
- Das Erdbeben in Chili
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