Hans-Ulrich Treichel

Die Eltern von Hans-Ulrich Treichel müssen 1945 ihren Hof und ihren gesamten Besitz in Ostpreußen verlassen, als die Rote Armee im Januar heranrückt. Ihr Säugling, der etwa anderthalb Jahre alt ist, geht auf der Flucht verloren und gilt seitdem in der Familie als tot. (Quelle: Wahl und Wagnis Migration: Beiträge des Promotionskollegs Ost-West von Silke Flegel, Anne Hartman, Frank Hoffmann, Lit Verlag, S. 64). Die Vertriebenen lassen sich in Versmold in Nordrhein-Westfalen nieder, wo sie einen Tabakwarenhandel betrieben. In dieser Stadt wird Hans-Ulrich Treichel am 12. Aug. 1952 geboren und verbringt seine Kindheit und Jugend dort.

Die Familie des Schriftstellers zieht 1968 nach Hanau (Hessen), wo Hans-Ulrich Treichel das Abitur absolviert. 1972 zieht er nach Berlin, wo er an der Freien Universität Berlin Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft studiert. Er absolviert 1979 das 1. Staatsexamen für das Amt des Studienrats und promoviert 1983 als Doktor mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen. Er unterrichtet anschließend als Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno (1981/82) und der Scuola Normale Superiore in Pisa (1984/85). 

Zwischen 1985 und 1991 ist Hans-Ulrich Treichel als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin tätig. In den Jahre 1993-1995 unterrichtet er als Privatdozent am Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin. Seit 1995 arbeitet er als Professor für Deutsche Literatur und leitet das Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. 

Die wahre Geschichte über ihren Bruder Günter und über die Suche der Eltern nach ihm in der Nachkriegszeit erfahren der Autor und seine beiden jüngeren Geschwister erst 1991. Zu dem Zeitpunkt ist Hans-Ulrich Treichel 39 Jahre alt. Er findet heraus, dass die Suche seiner Eltern kein positives Ergebnis hatte, obwohl sie in einer Periode davon überzeugt waren, dass ein vom Roten Kreuz ihnen angezeigtes Findelkind sich als ihr verlorener Sohn erweisen werde. Diese Hoffnung wurde ihnen durch eine bürokratische Verwandtschaftsfeststellung, die mehrere Jahre dauerte, vernichtet. Der Autor wächst im Schatten dieser Tragödie auf, die er seinem ersten Roman "Der Verlorene" (1998) verarbeitet. In der fiktiven Erzählung setzt er den Verlust des Bruders in Beziehung zu seiner eigenen Kindheit und Jugend im Nachkriegsdeutschland.

Der deutsche Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel ist nicht nur als Romancier dem Publikum bekannt, sondern auch als Lyriker und Essayist. Die zentralen Themen der Werke des Autors sind Vertreibung, Flucht, Heimat und Liebe. Der renommierte Autor ist durch die Jahre mit zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen, Stipendiaten und Preisen gewürdigt und ausgezeichnet worden. Sein Bestseller „Der Verlorene“ ist in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt worden.

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