Merkmale der Neuen Sachlichkeit im Werk
Definition
Als „Neue Sachlichkeit“ wird eine bestimmte Strömung der Literatur in der Zeit der Weimarer Republik bezeichnet. Die Elemente dieser Strömung lassen sich auch in Architektur, Film, Fotografie und Kunst nachweisen. Sie beginnt nach dem Ersten Weltkrieg und endet mit dem Nationalsozialismus, der eine durch diese politische Geisteshaltung geprägte Kunst durchsetzt.
Der Begriff der Epoche wurde durch den Maler Otto Dix und den Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub geprägt. Die Werke der Autoren waren der Demokratiebewegung der Weimarer Republik gegenüber vorwiegend positiv eingestellt, weshalb nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten viele ins Ausland flüchten mussten.
Falladas Roman „Kleiner Mann-was nun?“ ist ebenfalls von einer pro-demokratischen Haltung geprägt, denn der Autor stellt die Anhänger der beiden extremen politischen Lager kritisch dar. Die Familie Mörschel steht hierbei als Stereotyp für die Anhänger des linken, Pinnebergs Arbeitskollege Ernst Lauterbach dagegen für die Anhänger des rechten Flügels.
In der Zeit der Weimarer Republik mussten die Menschen sehr schnell lernen, mit den enormen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen klar zu kommen. Aufgrund der Auseinandersetzung mit den Problemen in der damaligen Gesellschaft findet sich oft die Darstellung von Armut und ungerechten Arbeitsverhältnissen sowie der Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs in der Literatur der Neuen Sachlichkeit wieder. Die Auseinandersetzung des Menschen mit den daraus resultierenden Problemen findet auch im Roman von Fallada statt.
Themen
Die Themen der Literatur sind die damalige Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise und auch erotische Elemente. In Falladas Roman „Kleiner Mann-was nun?“ lassen sich einige diese Elemente deutlich erkennen.
Arbeitslosigkeit und Ausbeutung
Im Mittelpunkt der Handlung steht die junge Familie Pinneberg, die mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen hat. Pinnebergs Anstellung ist jederzeit bedroht, denn die Firmen müssen immer wieder Leute entlassen, um weiterhin existieren zu können. Daher spart Emil Kleinholz einen seiner Angestellten ein. Pinneberg wird in diesem Fall nicht deshalb entlassen, weil er seine Arbeit vernachlässigt, sondern weil er sich nicht mit der Tochter von Kleinholz verheiraten lassen will.
Auch im Kaufhaus Mandel in Berlin wird Pinneberg mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise konfrontiert. Es werden hier nur noch diejenigen Angestellten behalten, die das Siebenundzwanzigfache ihres eigenen Monatslohns verkaufen, damit sie sich für das Unternehmen rentieren. Da auch die Kaufkraft der Menschen aufgrund der Geldabwertung und der hohen Arbeitslosigkeit immer mehr abnimmt, ist dies beinahe unmöglich. Durch die schwierige Arbeitsmarktsituation sind die Angestellten der Ausbeutung und Unterdrückung durch ihre Vorgesetzten schutzlos ausgeliefert.
Reiche und Arme
Aufgrund der Probleme, die durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöst werden, verändert sich auch die Gesellschaft nachhaltig. Emma fällt deutlich auf, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird. Opportunistische und vermögende Menschen, wie beispielsweise Mia und Jachmann, verfügen über so viel Geld, dass sie kaum noch wissen, wofür sie es ausgeben sollen. Während Mia sogar in Feinkostläden einkauft, kann Emma als Hausfrau in Berlin aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten ihrem Mann nicht einmal mehr regelmäßig Fleisch anbieten: „Zweimal die Woche müssen wir jetzt mindestens fleischfrei essen“ (S. 250).
Ebenso steht die Gesellschaft den vielen Arbeitslosen herablassend gegenüber. Der arbeitslose Pinneberg wird von Beamten (S. 340) und der Polizei (S. 470-471) herablas...