Sprache und Stil

Wortschatz, Ausdruck und Wortarten

„Im Krebsgang“ enthält die für Günter Grass‘ Werke typische, sehr direkte Sprache, geschrieben nach den Regeln der alten Rechtschreibung. Das Vokabular enthält einige Fremdwörter und Fachausdrücke, einen Dialekt, eine umgangssprachliche Ausdrucksweise, die bis ins Derbe oder Vulgäre reicht, und Begriffe, die heute neben den neumodischen Anglizismen etwas veraltet wirken.

Die Fachsprache ist des Öfteren dem Bereich der Seefahrt zuzuordnen, z. B: „Doch noch ist die Gustloff nicht auf Kiel gelegt, geschweige denn vom Stapel gelaufen“ (S. 33). Begriffe, wie „Observatorium“ (S. 9), „Kassiber“ (S. 19), „das Pekuniäre“ (S. 20) oder „agitatorische Aktivitäten“ (S. 23) sind vielleicht nicht jedem Leser geläufig und müssten daher nachgeschlagen werden.

Die Mutter des Erzählers, Tulla, spricht Danziger Dialekt. Er ist phonetisch ausgeschrieben: „Das Schiff hätt auf sonst wen jetauft sain kennen ond wär trotzdem abjesoffen. Mecht mal bloß wissen, was sich dieser Russki jedacht hat, als er Befehl jab, die drai Dinger direktemang auf ons loszuschicken …“ (S. 11). Der Erzähler weist den Leser extra auf Tullas Aussprache hin und erwähnt, dass sie auch einen speziellen Wortschatz benutzt: „Sie sagt Bulwen zu Kartoffeln, Glumse zu Quark und Pomuchel, wenn sie Dorsch in Mostrichsud kocht“ (S. 11 f.). Von Tulla und Konny wird das Wort „Itzig“ (S. 49, 106) in der Novelle verwendet, welches ein veraltetes Schimpfwort für Juden ist.

Im Vokabular sind teilweise umgangssprachliche Ausdrücke zu finden: Der Fernseher wird als „Mattscheibe“ (S. 68) bezeichnet oder die Diskussionen im Internetforum als „Gequassel“ (S. 15). Statt zu schreiben, dass Tulla geschwängert wurde, wird das Wort „dickgemacht“ (S. 151) verwendet. Teilweise aber liegt das Umgangssprachliche auch in den grammatischen Konstruktionen verborgen, die in der Sprechsprache, aber normalerweise nicht in der schriftlichen Form auftreten: „Später, als alle (…) auf entsetzt machten, habe ich zu Mutter gesagt: […] “ (S. 50). Die Konstruktion „auf [Adjektiv] machen“ ist umgangssprachlich.

Insbesondere in Bezug auf die neonazistische Bewegung benutzt der Erzähler eine teilweise äußerst derbe Sprache: „Dieser kackbraun aufgehenden Saat diente einunddasselbe (sic) Köpfchen als Mistbeet“ (S. 32) oder „Die Geschichte, genauer, die von uns angerührte Geschichte ist ein verstopftes Klo. Wir spülen und spülen, die Scheiße kommt dennoch hoch” (S. 116).

Wie bei dem Wort „einunddasselbe“ sind Wörter des Öfteren in „Im Krebsgang“ zusammengeschrieben, die eigentlich nach der deutschen Rechtschreibung getrennt geschrieben oder durch Striche getrennt werden sollten, so auch die Wortkonstruktion „Binnichtzuhauseblick“ (S. 57), die einen bestimmten Ausdruck in Tullas Gesicht kennzeichnet.

An manchen Stellen werden neumodische Anglizismen verwendet, um dann aber gleich wieder mit einer deutschen Redensart verbunden zu werden: „Mein Beruf verlangt diesen Abruf weltweit vagabundierender Informationen. Lernte leidlich, mit meinem Computer umzugehen. Bald waren mir Wörter wie Browser und Hyperlink nicht mehr böhmisch“ (S. 8).

Die verwendete moderne Prosa in der Novelle scheint natürlich gestaltet. Wenn einmal eine Wortart dominiert, dann hat diese einen besonders verstärkenden Charakter. Der Schriftsteller verwendet beispielsweise eine Aufzählung von Attributen in Form von Adjektiven und Partizipien. Dadurch soll das Missfallen des Erzählers über die von ihm vermuteten Umstände seiner Geburt ausgedrückt...

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