Die Wolke und die Politik

Bereits in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts wird die Nutzung von Kernenergie in Deutschland geplant. Seit Inbetriebnahme des ersten Probekernkraftwerks Kahl im Jahre 1960 ist die Antiatomkraftbewegung öffentlich aktiv, erhält jedoch erst in den 1970er-Jahren eine größere mediale Berichterstattung. Zur Entstehungszeit von Die Wolke sind politische Diskussionen und große Demonstrationen an der Tagesordnung. Dabei spielt auch, allerdings nicht nur die Frage nach der Nutzung von Kernenergie in Die Wolke eine große Rolle.

Interessant ist zunächst die Erwähnung der innerdeutschen Grenze zwischen der sozial-marktwirtschaftlichen Bundesrepublik und der kommunistischen DDR, die immer wieder zur Sprache kommt. Strahlenflüchtlinge aus dem Westen versuchen schon kurz nach dem Unfall, „sich nach Berlin oder in die DDR zu retten“ (S. 75), wodurch das gängige westliche Bild von der Beziehung zwischen den beiden Ländern umgedreht wird: Gerade im Jahr 1987, als der Zusammenbruch des Ostblocks nur noch knapp zwei Jahre in der Zukunft liegt und immer mehr Einwohner von Ost nach West zu flüchten versuchen, macht Pausewangs Roman durch die Umkehrung dieser Bewegung auf bitter-ironische Art und Weise die Belanglosigkeit von politischen Weltbildern in Extremsituationen deutlich.

Ein weiteres tagespolitisch aktuelles Thema, auf das der Text verweist, ist das Apartheidsregime in Südafrika. Dieses zeichnet sich durch eine strikte Trennung der Bevölkerung in schwarze und weiße Einwohner aus und spricht Letzteren die größeren Rechte und damit die Herrschaft über die Ersteren zu. Das Regime erlebt seine Hochzeit zwischen den 40er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts und endet erst 1994 mit einem demokratischen Machtwechsel, bei dem Nelson Mandela der erste dunkelhäutige Präsident des Landes wird. Wenn Lars’ Eltern Südafrika loben und sich glücklich schätzen, dort...

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