Merkmale der Aufklärung im Werk

Die Autoren der Aufklärung waren von der Hoffnung erfüllt, ihre Zuschauer und Leser erziehen und verändern zu können. In Ihren Figuren spiegelten sich ihre eigenen Gedanken und die Ideen der Epoche wider. Ein gutes Beispiel dafür ist vor allem Lessings Stück „Nathan der Weise“, das die Idee der Humanität und der Toleranz, insbesondere gegenüber den Religionen, aufgreift.

Die Ideale der Aufklärung nehmen auch in Lessings Trauerspiel „Emilia Galotti“ eine zentrale Rolle ein. Der Schriftsteller lässt neben zum Teil „aufgeklärten“ Figuren, wie Emilia Galotti, Oduardo Galotti und der Gräfin Orsina, auch starre und in ihrer Zeit verankerte Personen auftreten, wie den Prinzen und Marinelli. Hiermit erzeugt der Autor erwünschte Kontraste und dramatische Effekte, damit der Zuschauer tatsächlich um die Heldin fürchten muss und mit ihr Mitleid haben kann.

Absolutismus kontra Freiheit

Prinz Hettore von Guastalla repräsentiert den absolutistischen Herrscher. Über das Leben oder den Tod seiner Untertanen bestimmt er souverän. Als sein Ratsherr den Prinzen bittet, über ein Todesurteil zu entscheiden, ist er bereit, das Dokument zu unterschreiben (1 /8). Diese Szene veranschaulicht die Brutalität des Prinzen, der einen Menschen ohne zu zögern und ohne genauere Betrachtung der Tat zum Tode verurteilt. Er hat Besseres zu tun.

Der Prinz erweist sich als egoistisch, launisch und feige. Selbst seine Geliebte, die Gräfin Orsina, an die er seine Gefühle verloren hat, schont er nicht. Er scheut allerdings die Konfrontation mit ihr, nimmt aber keine Rücksicht auf sie. Als sie mit ihm sprechen will, teilt er ihr mit, er habe keine Zeit. Er bittet Marinelli um ein Gespräch und verweist die Gräfin auf einen späteren Zeitpunkt (4. Auftritt).

Der Prinz ist durch einen inkompetenten und schwachen Charakter gekennzeichnet. Er verlässt sich auf Marinelli und überträgt diesem in vielen Situationen die Verantwortung für das Geschehen und den weiteren Verlauf. Er räumt Marinelli völligen Handlungsspielraum ein und lässt sich von ihm durch das Geschehen lenken. Da Emilia dem Grafen Appiani versprochen ist, entwickelt der Prinz zusammen mit seinem Kammerherrn Marinelli einen Plan, um die Hochzeit zu verhindern.

Der Graf Appiani wird vom Prinzen als „ein sehr würdiger junger Mann, ein schöner Mann, ein reicher Mann, ein Mann voller Ehre“ (S. 17) beschrieben. Er will die bürgerliche Emilia heiraten. Erst auf Anraten seiner Freunde willigt er ein, den Prinzen über seine Hochzeit zu informieren.

Er betont seine Unabhängigkeit vom Prinzen und will sich diesem nicht unterwerfen. Er beteuert: „Ich kam an seinen Hof als Freiwilliger. Ich wollte die Ehre haben, ihm zu dienen, aber nicht sein Sklave werden“ (S. 38). Er möchte dem höfischen Leben den Rücken kehren und sich nach der Heirat mit Emilia auf das Land zurückziehen. Er verstirbt leider beim Überfall auf seine Kutsche.

Lessing formuliert durch die Figur des Prinzen seine Kritik an der Fürstenwillkür. Der Graf Appiani repräsentiert den modernen Menschen, der sein Leben selbst bestimmen will. Er ist bereit, die Regeln der Ständegesellschaft zu brechen, um das Mädchen, das er liebt, zu heiraten. Der Kampf für die Freiheit und gegen die absolutistischen Strukturen bildet das zentrale Thema der Aufklärung.

Tugend und Gefühl

Emilia verkörpert die bürgerlichen Tugenden in perfekter Weise. Sie möchte den Prinzipien der bürgerlichen Moral folgen und die Vorstellungen vom Bild eines idealen Bürgers erfüllen. Sie zieht keine klare Grenze zwischen der eigenen Existenz und der ihrer Familienangehörigen. Ihr eigenes Glück ist somit unmittelbar verbunden mit dem ihrer nahen Verwandten.

Sie findet sich in einem Zwiespalt wieder, der zum einen aus ihren irrationalen Gefühlen und ihrem rationalen Denken resultiert, und zum anderen aus ihrem unablässigen Streben nach dem Ideal der Tugend und ihrer Sorge...

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