Liebestod

Die Motive Liebe und Tod

In zahlreichen Werken der Weltliteratur gehen die beiden Motive Liebe und Tod eine ambivalente Verbindung ein. Die Widersprüchlichkeit kommt dadurch zustande, dass die Liebe als lebenspendendes Glück betrachtet wird, während der Tod das unwiderrufliche Ende des Lebens bedeutet. Oftmals – so beispielsweise auch in Shakespeares Werk „Romeo und Julia“, in dem der Liebestod sogar zur Versöhnung der verfeindeten Familien führt – wird dieser Widerspruch dadurch aufgelöst, dass die Liebe am Ende über den Tod siegt und sich als stärkere Macht erweist. Gottfried Keller verbindet in seiner Novelle Romeo und Julia auf dem Dorfe ebenfalls die Motive „Liebe“ und „Tod“ miteinander – am offensichtlichsten im gemeinsamen Liebestod am Ende.

Schon zu Beginn der Erzählung werden die beiden Motive der Liebe und des Todes in Zusammenhang gebracht. Bereits das Spiel der beiden Kinder Sali und Vreni enthält mit seinen grausamen Zügen Vorausdeutungen auf ihr unglückliches Ende: Die Puppe wird im Zuge ihrer Misshandlungen zu einem „ausgequetschten Leichnam“ ruiniert, deren tönender Kopf letztlich lebendig „begraben“ (S. 9) wird und damit das Schicksal der Liebenden vorwegnimmt.

Besonders deutlich wird die Verbindung von Liebe und Tod auf dem Höhepunkt der Novelle, als sich die beiden Jugendlichen genau in dem Moment ineinander verlieben, als ihre Väter versuchen, sich gegenseitig zu töten. Das zunächst idyllische erste Treffen zwischen Vreni und Sali endet durch das Erscheinen des schwarzen Geigers als potenziellen Todesboten. Bezeichnenderweise trägt denn auch das letzte Wirtshaus, in dem Sali und Vreni Zuflucht finden, den Namen „Paradiesgärtchen“, der mit seinem Verweis auf das Jenseits ebenfalls Assoziationen an den Tod weckt.

Der kurze Sieg der Liebe

Vreni und Sali gelingt es zunächst noch, ihre Liebe über die Bedrohung durch den Tod triumphieren zu lassen: Immer wieder erweisen sich ihre Gefühle als so stark, dass sie ihre bedrückende Situation zumindest für Momente vergessen können – sei es bei ihrem ersten Treffen in den heimischen Äckern oder bei ihrem letzten gemeinsam verbrachten Tag: „Das liebende Paar vergaß, was am Ende dieses Tages werden sollte, und gab sich einzig der hoch aufatmenden wortlosen Freude hin“ (S. 58).

Mit ihren Geschenken, in denen sie ihre Sehnsüchte zum Ausdruck bringen (Haus, Herz, Ring), und ihren Träumen von erfüllter Liebe und Eheglück können sie sich bisweilen über die traurige Wirklichkeit hinaus erheben – so zum Beispiel in Vrenis Traum von einer gemeinsamen Hochzeit: „Herrgott! ich habe eben noch von dir geträumt! Es träumte mir, wir tanzten miteinander auf unserer Hochzeit lange, lange Stunden! Un...

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