Gerhart Hauptmann
Hauptmann wird 1862 als Sohn von Robert Hauptmann und dessen Frau Marie in Ober-Salzbrunn (Schlesien) geboren. Er hat drei ältere Geschwister: Carl, Georg und Johanna. Die Eltern Hauptmanns betrieben gemeinsam das „Hotel zur Krone“ in Schlesien. In diesem Haus war es den Kindern, und so auch Gerhart, erlaubt, so viele Facetten des gesellschaftlichen Lebens wie möglich kennenzulernen, und zwar vom russisch-polnischen Adel, über die bürgerlichen Gäste, bis hin zu den Kutschern und Knechten, die im elterlichen Haus angestellt waren.
Hauptmanns Elternhaus bietet jedoch keine literarisch-kulturelle Bildung, wie vielleicht vermutet werden könnte. Hauptmann besucht die evangelische Schule in Salzbrunn und um ihm im Anschluss eine höhere Ausbildung ermöglichen zu können, lassen ihn die Eltern private Lateinstunden nehmen. 1874 wird er in die schlesische Provinzhauptstadt Breslau geschickt, um dort die Realschule zu besuchen. Hier kommt er auch in den Genuss anderer zeitgenössischer Fremdsprachen sowie der Lehre der Naturwissenschaften. Hauptmann muss eine Klasse wiederholen und erreicht die Lernziele sonst auch nur knapp. Schon früh verfasst er jedoch schon eigene Dichtungen und entwickelt ein ausgeprägtes Interesse für das Theater.
Es folgen viele Jahre der Verunsicherung sowie wechselnde Lebensentwürfe aufseiten Hauptmanns. Er beginnt zunächst eine landwirtschaftliche Ausbildung. Er ist jedoch der körperlichen Anstrengung nicht gewachsen und bricht diese ab. Es entstehen bereits seine ersten literarischen Werke, wie beispielsweise ein Epos über Hermann den Cherusker oder mittelalterliche Minnelyrik. Im Oktober 1880 schreibt er sich dennoch an der Kunsthochschule in Breslau ein, da er der Überzeugung ist, die bildende Kunst sei sein eigentliches Metier. Schon im Januar des folgenden Jahres wurde er jedoch der Schule verwiesen, da sowohl sein Fleiß als auch sein Betragen mangelhaft waren. Kurze Zeit später – nach Rezitationen seiner eigens verfassten Gedichte – lässt ihn das Gremium wieder zum Unterricht zu. Hauptmann bricht das Studium 1882 jedoch aus freien Stücken ab.
Hauptmann verlobt sich kurze Zeit später mit Martha Thienemann, der Tochter eines wohlhabenden Woll-Großhändlers, deren Schwester bereits Hauptmanns Bruder Carl geehelicht hatte. In den folgenden Jahren lässt sich der Autor großzügig finanziell von seiner Braut unterstützen. Er lässt sich in Jena nieder und erreicht dort – auch ohne Abitur – die außerordentliche Zulassung zum Studium der Kunstgeschichte und Literatur.
1883 bricht er nach Italien auf, um aus erster Hand zu lernen, und arbeitet als Bildhauer in Rom. Er macht Pläne für eine Auswanderung, die jedoch im Sand verlaufen. Stattdessen wird in den folgenden Jahren Berlin zu seinem Wirkungszentrum. Im angrenzenden Ort Erkner werden Hauptmanns drei Söhne Ivo, Eckart und Klaus geboren. Hier verfasst er seine ersten Dichtungen, mit denen er in der literarischen Welt wahrgenommen wird, so auch „Vor Sonnenaufgang“.
Der Autor hat Kontakt zu den wichtigen Literaturtheoretikern seiner Zeit, wie beispielsweise Wilhelm Bölsche. 1889 zieht Hauptmann mit seiner Familie nach Berlin-Charlottenburg und durchlebt eine ebenso produktive wie auch kreative Phase seines Lebens. Es entstehen Werke, wie „Das Friedensfest“ oder „Eine Familienkatastrophe in drei Akten“, die ihn nachhaltig bekannt machen sollen. Auch Hauptmanns berühmtes Sozialdrama „Die Weber“, in dem er den Aufstand der schlesischen Weber von 1844 behandelt, schreibt Hauptmann während seiner Zeit in Charlottenburg.
Ohne dass er selbst je parteipolitisch aktiv ist, erwirbt sich Hauptmann mit seinen Stücken schnell den Ruf eines Regimekritikers. Als „Die Weber“ am Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt werden, quittiert Kaiser Wilhelm II. gar sein Theater-Abonnement. Dem wachsenden Ruhm des Dichters kann dies jedoch keinen Abbruch tun – ganz im Gegenteil. 1896 erhält er erstmals den begehrten Grillparzer-Preis. Seine Stücke werden mittlerweile international aufgeführt. Hauptmann wird mehrfach zum Ehrendoktor ernannt. An seinem 50. Geburtstag erhält er den Nobelpreis (1912) für sein dramatisches Werk
Hauptmanns Privatleben verläuft hingegen nicht ohne Turbulenzen. Er beginnt eine Affäre mit der blutjungen Margarete Marschalk. Es folgen einige erfolglose Versuche, seine Ehe zu retten. Im Jahr 1904 wird diese jedoch geschieden und der Weg ist somit frei für die sofort folgende Hochzeit mit Margarete. Schon 4 Jahre zuvor wird ihr Sohn Benvenuto geboren, der Autor lebt mit seiner neuen Frau bereits seit 1901 in einer Villa im Riesengebirge.
Schon während seiner frühen Schaffensphase war Hauptmann nicht nur auf gesellschaftliche Themen festgelegt. Stücke, wie „die versunkene Glocke“, behandeln auch märchenhafte oder fantastisch-religiöse Stoffe. In seinen späteren Jahren schwankt Hauptmann zwischen ästhetischen und politischen Fronten.
Wie viele seiner Zeitgenossen rechtfertigt Hauptmann den Ersten Weltkrieg 1914 öffentlich. Er besinnt sich jedoch und begrüßt 1918 die Ausrufung der Republik. Er soll sogar für das Amt des Reichskanzlers im Gespräch gewesen sein. 1932 legt er „Vor Sonnenuntergang“ als Schwesterwerk zu seinem naturalistischen Vorgänger vor. An seinem 70. Geburtstag erhält er den renommierten Goethe-Preis.
Es folgen diverse Werke, die als Kritik am menschenverachtenden NS-Regime betrachtet werden können, wie zum Beispiel „Der Bogen des Odysseus“. Nichtsdestotrotz erklärte er 1933 noch seine Loyalität zu Adolf Hitler, weswegen seine Werke auch keiner Prüfung im nationalsozialistischen Sinne standhalten mussten.
In der Nachkriegszeit tut Hauptmann alles dafür, in seiner schlesischen Heimat bleiben zu dürfen. Er stirbt am 6. Juni 1946, was ihm die Ausweisung aller Deutschen im Auftrag der polnischen Behörden erspart. Sein Leichnam wurde in Hiddensee bestattet, wo Hauptmann schon zu Lebzeiten viel Freizeit verbracht hat, und dort „Vor Sonnenaufgang“ beigesetzt.
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