Manipulation
Zwei-Minuten-Hass-Sendung
In Ozeanien gibt es die verschiedensten Arten von Propaganda, denen die Bewohner rund um die Uhr ausgeliefert sind: Die Zwei-Minuten-Hass-Sendung, die Plakate, die Berichterstattungen aus den Teleschirmen und alle Dokumenten, die in Ozeanien gedruckt werden.
Bei der Zwei-Minuten-Hass-Sendung handelt es sich um ein tägliches Ritual, bei dem sich die Parteimitglieder vor einem Fernseher versammeln. Die kurze Sendung hat jeden Tag ein anderes Programm zum Inhalt, doch das Grundkonzept bleibt immer das gleiche. Im Mittelpunkt des Propagandafilms steht Emmanuel Goldstein, der Hauptfeind Ozeaniens. Er wird äußerlich unvorteilhaft dargestellt: „[Sein Gesicht] ähnelte einem Schafsgesicht, und auch die Stimme hatte etwas Schafmäßiges“ (S.19) und seine Worte werden so gewählt, dass die Attacken gegen die Parteidoktrin „übertrieben und widersinnig“ (S.19) klingen.
Außerdem werden Soldaten der feindlichen Armee gezeigt, die in „endlosen Kolonnen“ (S.20) über den Teleschirm marschieren. Die Mittel erreichen ihr Ziel: Schon nach wenigen Sekunden brechen die Parteimitglieder in Wutgeschrei aus und nach zwei Minuten steigert sich der Hass zur Raserei: „Die Leute sprangen von ihren Plätzen auf und brüllten mit überkippenden Stimmen, um das wahnsinnigmachende Geblöke, das vom Schirm kam, zu übertönen“ (S.21). Selbst Winston kann sich dem aufwallenden Hass nicht entziehen und wider Willen verwandelt auch er sich in einen „grimassierend-tobenden Irrsinnigen“ (S.22).
Die Propaganda ist geschickt angelegt. Während sich im Zwei-Minuten-Hass niemand der Raserei entziehen kann, muss der Große Bruder, der den Hass beendet, als Retter erscheinen. Genau in dem Moment, in dem die feindliche Armee am bedrohlichsten und Goldstein am schafmäßigsten wirken, erscheint sein Bild auf dem Teleschirm „Macht und geheimnisvolle Ruhe ausstrahlend“ (S.23). Allein aus Erleichterung stimmen die Menschen einen Sprechgesang auf seinen Namen an. Mit der Zwei-Minuten-Hass-Sendung erreicht die Partei folglich zweierlei: Den gesteigerten Hass auf die inneren und äußeren Feinde und die noch größere Verehrung für den Großen Bruder.
Plakate, Teleschirme
Die gleichen Ziele werden auch durch die Plakate verfolgt. Überall ist ein Abbild des Großen Bruders aufgehängt, auf dem steht: „DER GROSSE BRUDER SIEHT DICH“ (S.7f.). Dadurch wirkt der Diktator omnipräsent. Während der Hass-Woche prangen in der ganzen Stadt Plakate der feindlichen Soldaten, die drei bis vier Meter groß sind und alle eine Maschinenpistole trage...