Winston

Der parteitreue Angestellte

Winston ist der Protagonist im Roman „1984“. Er ist 39 Jahre alt, hat aber bereits ein Krampfadergeschwür über dem rechten Knöchel und leidet regelmäßig unter starken Hustenanfällen. Außerdem ist er eine „schmächtige Gestalt, deren Magerkeit durch den blauen Overall der Parteiuniform nur noch betont [wird]. Sein Haar [ist] hellblond, sein Gesicht von Natur aus rötlich, seine Haut rau von scharfer Seife, stumpfen Rasierklingen und der Kälte des eben zu Ende gegangenen Winters“ (S.8). Er raucht regelmäßig und trinkt täglich den von der Partei bereitgestellten Gin.

Auffällig ist außerdem Winstons Name. Winston ist der Vorname eines der bedeutendsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts, von Winston Churchill. Smith ist hingegen einer der gewöhnlichsten, wenn nicht sogar der gewöhnlichste englische Nachname. 

Die Erinnerungen aus Winstons Kindheit sind für ihn weitestgehend verschwommen und undeutlich. Nur sporadisch kann er sich an einzelne Ereignisse erinnern (S.42). Seine Eltern und seine kleine Schwester sind in den 1950er Jahren plötzlich verschwunden. Er vermutet, dass sie einer politischen Säuberungswelle zum Opfer gefallen sind (S.39). Ansonsten sind ihm nur der andauernde Hunger und sein egoistisches Verhalten gegenüber seiner Mutter und Schwester präsent. Er hatte ihnen regelmäßig Teile der dürftigen Essensrationen geklaut und seine Mutter für die Nahrungsmittelknappheit verantwortlich gemacht (S.198).

Winston ist ein Mitglied der Äußeren Partei und arbeitet in der Dokumentationsabteilung im Ministerium für Wahrheit. Seine Aufgabe besteht darin, Artikel oder Nachrichtenmeldungen so zu verfälschen, dass ihre bereits zurückliegenden Aussagen den gegenwärtigen Zuständen nicht widersprechen. Er soll sie folglich so verändern, dass es so wirkt, als hätte die Partei mit all ihren vergangenen Voraussagen Recht behalten.

Obwohl Winston genau weiß, dass er Lügen für die Partei verfasst, bezeichnet er die Arbeit als die „größte Freude im Leben“ (S.56). Denn die teilweise „kniffligen Aufgaben“ (S.56) regen seinen Ehrgeiz an und kommen seiner Intelligenz zugute. In ihnen kann er sich „wie in der Tiefgründigkeit eines mathematischen Problems vertiefen“ (S.56).

Der isolierte Andersdenkende

Offiziell ist Winston noch verheiratet, doch seit etwa zehn Jahren lebt er von seiner Frau Katharine getrennt und hat keinerlei Kontakt mehr zu ihr. Sie haben ohnehin nur fünfzehn Monate lang zusammengelebt. In dieser Zeit hat Winston festgestellt, dass Katharine das „ausnahmslos dümmste, vulgärste und hohlste Geschöpf war, dem er begegnet war“ (S.83), und hat den mechanisch wirkenden Geschlechtsverkehr mit ihr als „demütigend“ und „grauenhaft“ (S.84) empfunden. Scheiden lassen darf sich ein Paar laut Parteidoktrin nicht, aber es ist gestattet, sich voneinander zu trennen (S.83).

Seit seiner Trennung von Katharine wohnt Winston allein in einer winzigen Wohnung in der heruntergekommenen Victory Mietskaserne. Seine Wohnung ist so schäbig wie das gesamte Haus, doch besitzt sein Wohnzimmer eine kleine Nische, die nicht vom Teleschirm erfasst wird und in der sich Winston weitestgehend unbeobachtet fühlt (S.12).

Seit mehreren Jahren spult sich in Winstons Gehirn ein „endlose[r] innere[r] Monolog“ (S.14) ab, der sich gegen die Partei richtet. Winston ist einer der wenigen, der den Schwindel der Partei durchschaut. Dadurch wird sein kritischer, hinterfragender und widerstandsfähiger Charakter enthüllt. Er begreift, dass die Vergang...

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