Lucile Desmoulins
Realitätssinn und Vorahnung
Lucile liebt ihren Mann Camille, und er liebt sie. Wenn er seine kunsttheoretischen Anschauungen erläutert, aus seiner klassischen Bildung schöpft und mit seiner Rhetorik glänzt, sieht sie ihm gern beim Reden zu, versteht aber nichts von dem, was er sagt. Als Frau hat sie keine hohe Schulbildung genossen, doch, was ihr an Bildung fehlt, wiegt ihr Realitätssinn wieder auf.
Als Danton in ihrer und Camilles Anwesenheit erfährt, dass ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, ist ihr sofort klar, dass ihr Mann ebenso in Gefahr schwebt. Camille hingegen, der in seiner Zeitung seinen ehemaligen Schulkameraden Robespierre massiv angegriffen hat, ist überzeugt davon, dass die „Anhänglichkeit“, die Robespierre ihm zu Schulzeiten entgegengebracht hat, ihn vor politischer Verfolgung schützen wird. Doch Lucile hat Angst und bittet Camille, mit Robespierre zu sprechen.
Sie hat eine Vorahnung, dass ihr Mann nicht wiederkehren wird. Als sie allein ist, kommt ihr das Lied „Ach Scheiden, ach Scheiden, ach Scheiden/Wer hat sich das Scheiden erdacht“ (II, 3) in den Sinn. Das Zimmer scheint ihr, „als hätte ein Toter drin gelegen“ (II, 3). Mit ihrem Gefühl und ihrer Vorahnung ist sie der brutalen politischen Realität näher als Camille mit seiner Belesenheit.
Schreck und Unverständnis
Doch über der Gefangennahme und be...