Logik und Zufall
- Der Zufall als Auslöser der Untersuchung
- Spürsinn und Verdacht
- Das Alibi des Erbonkels
- Emmenbergers Fachschriften
- Bärlachs Untersuchung – Eine falsche Spur?
- Gullivers Zeugenaussage
- Vorsicht und Vorausdeutung
- Bärlachs Hypothese
- Der logische Verdacht
- Bärlachs Verhör
- Emmenbergers logische Deduktion
- Dr. Marloks Geständnis
- Bärlachs Fehler und der Einfluss des Zufalls
Der Zufall als Auslöser der Untersuchung
Der Kommissar Bärlach entdeckt nach der überstandenen Operation in einer Ausgabe der Zeitschrift „Life“ aus dem Jahr 1945 zufällig ein Foto des Lagerarztes Dr. Nehle. Darauf wird dieser dabei gezeigt, wie er im Konzentrationslager Stutthof einen Häftling ohne Narkose am offenen Bauch operiert (S. 5).
Bärlach ruft deshalb dem eintretenden Arzt Dr. Hungertobel zu, dass diese Ärzte „Tiere“ (S. 5) waren, und weckt damit dessen Aufmerksamkeit. Als Hungertobel zufällig einen Blick auf das Bild wirft, erbleicht er und setzt mit zitternder Hand seine Brille auf, um das Foto erneut zu studieren. Auf die Nachfragen von Bärlach geht er zuerst nicht ein und bezeichnet seine noch nicht offen ausgesprochene Vermutung als „Unsinn“ (S. 6).
Doch Bärlach gibt sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und konfrontiert ihn am nächsten Tag nochmals mit diesem Bild. Er will wissen, an wen ihn diesen „Bestie“ (S. 8) erinnert. Doch wieder will Hungertobel seinen Verdacht nicht äußern, da er es nicht beschwören kann, dass es derjenige ist, den er zu erkennen glaubt, denn dieser sei bis 1945 in Chile gewesen. Er hat deshalb Angst, den Namen auszusprechen, da er weiß, dass Bärlach dann „Verdacht gegen den Mann schöpfen“ (S. 8) wird.
Spürsinn und Verdacht
Schon in dem Moment, in dem Hungertobel das erste Mal das Bild in der Zeitschrift sieht und erbleicht, entwickelt der alte Kommissar mit seinem feinen Spürsinn einen Verdacht. Dies teilt er dem Arzt am nächsten Tag auch mit (S. 8). Doch Hungertobel will den Namen nicht nennen, denn er ist „ein alter Arzt und möchte niemandem Böses getan haben“ (S. 8-9). Den Verdacht von Bärlach nennt er einen „Wahnsinn“ (S. 9), denn er will niemanden aufgrund einer Fotografie verdächtigen, die zudem nur sehr wenig vom Gesicht des Täters zeigt.
„Nichts macht einen so schlecht wie ein Verdacht“ (S. 9), stellt Bärlach entschieden fest. Er ist der Meinung, dass ein Verdacht etwas „Schreckliches“ (S. 9) ist und „vom Teufel“ (S. 9) kommt. Doch sein Freund Hungertobel hat in ihm diesen Verdacht geweckt und er ist dann bereit, ihn loszulassen, wenn auch er „von diesem Verdacht loskommt“ (S. 9).
Nun eröffnet ihm Hungertobel, dass er genau das nicht tun kann, denn er kennt den Mann auf dem Foto nur zu gut. Er hat mit ihm zusammen studiert und Emmenberger war zwei Mal sein Stellvertreter. Auffälligstes Merkmal ist eine Operationsnarbe über der Schläfe, die von einer Operation herrührt, die Hungertobel selbst durchgeführt hat (S. 9). Nun nennt er Bärlach auch den Namen desjenigen, den er verdächtigt: Fritz Emmenberger (S. 9).
Das Alibi des Erbonkels
Nach und nach gelingt es Bärlach, Hungertobel Informationen zu der Person Emmenbergers zu entlocken, die den Verdacht immer mehr verstärken. Er erfährt, dass Emmenberger sich auf die Behandlung mit Hormonen spezialisiert hat und von seinen Patienten wie ein Gott verehrt wird.
Hungertobel kann ihn und seine wissenschaftlichen Versuche nicht richtig einschätzen, denn er weiß, dass es oft „Wissenschaftler und Scharlatane“ (S. 10) in einer Person gibt. Doch die Patienten von Emmenberger sind so von dessen Behandlungsmethoden überzeugt, dass sie der Klinik häufig ihr gesamtes Vermögen vererben. Deshalb hat er von seinen Kollegen den Spitzennamen „Erbonkel“ bekommen (S. 10).
Bärlach erkennt sofort, dass die Ärzte aufgrund dieser Tatsache einen Verdacht gegen Emmentaler hegen. Er formuliert die Gedanken von Hungertobel und seinen Kollegen unverblümt: „Wir denken: Emmenberger zwingt seine Patienten mit den Methoden, die er im Konzentrationslager Stutthof lernte, ihm das Vermögen zu vermachen, und tötet sie nachher“ (S. 11).
Hungertobel aber ist entsetzt darüber, dass Bärlach diesen „Verdacht“ (S. 11) so offen und schonungslos äußert. Er bricht das Gespräch ab und bittet ihn darum, es zu vergessen: „Freilich, man liebt es manchmal, mit Möglichkeiten zu spielen. Das tut nie gut“ (S. 11). Je häufiger er sich das Bild anschaut - so Hungertobel weiter -, desto weniger glaubt er, darauf Emmenberger zu erkennen. Zudem war er ja seines Wissens nach zu diesem Zeitpunkt in Chile. Bärlach stimmt ihm zu.
Emmenbergers Fachschriften
Am folgenden Morgen überreicht Hungertobel Bärlach mehrere medizinische Fachzeitschriften, in denen Artikel von Emmenberger zu finden sind, die dieser während seiner Zeit in Chile verfasst hat. Dabei merkt er an, dass dieser sich als Student durch „eine ebenso witzige wie glänzende Feder“ (S. 13) auszeichnete. Inzwischen aber hat er eine Wandlung ins „Modische“ (S. 13) vollzogen und die Artikel sind Hungertobel „zu billig, Schulmedizin hin oder her“ (S. 13). Der letzte Artikel erscheint im Januar 1945, also einige Monate bevor Emmenberger in die Schweiz zurückkehrt.
Da alle Artikel aus Santiago stammen, ist für Hungertobel nun der Verdacht eine „rechte Eselei“ (S. 13). Mit diesen Argumenten will er Bärlach restlos überzeugen, der sich dann auch intensiv den Artikeln widmet. Doch das vermeintliche Alibi stellt sich schnell in Wirklichkeit als ein Argument für die Erhärtung des Verdachtes heraus. Bärlach findet es merkwürdig, dass sich der Stil des Arztes so gewandelt hat und Emmenberger „einst eine gewandte Feder führte und nun reichlich unbeholfen schreibt“ (S. 14). Hungertobel ist bestürzt, dass Bärlach den Verdacht immer noch nicht fallen lässt.
Bärlachs Untersuchung – Eine falsche Spur?
Bärlachs Chef Dr. Lutz besucht ihn im Krankenhaus, um ihm mitzuteilen, dass er pensioniert wird. Bei dieser Gelegenheit bittet Bärlach Lutz darum, für ihn bei einem speziellen internationalen Dienst, der für die Aufdeckung der Verbrechen der SS arbeitet, Informationen zu dem Lagerarzt Nehle zu besorgen (S. 17).
Lutz ist erstaunt über den „Spleen des Alten“ (S. 17), der sich im Krankenbett mit „kriminalistischen Kombinationen“ (S. 17) vergnügt. Er willigt aber ein, ihm diese Informationen zu beschaffen. Bereits am selben Abend erfährt Bärlach von ihm, dass sich Nehle am 10. August 1945 in Hamburg mit Gift das Leben genommen hat. Hungertobel glaubt nun, dass Bärlachs Untersuchung damit beendet ist, doch dieser merkt an: „Nichts sei so schwer zu ertränken wie ein Verdacht, weil nichts so leicht immer wieder auftauche...“ (S. 19).
Wieder liefert ihm Hungertobel in seiner Absicht, den Verdacht zu entkräften, weitere Argumente, eben diesen nicht fallen zu lassen. Er erzählt Bärlach von einer Situation um das Jahr 1908 herum, als er zusammen mit Emmenberger und drei weiteren Medizinstudenten einen Ausflug in die Berge unternimmt. Dabei verletzt sich einer der Studenten schwer am Kehlkopf und droht zu ersticken. Emmenberg...