Undines Beseelung und Liebesleiden

Männliche Schöpfung

Huldbrand erscheint nicht nur als (durch seinen Seelenbesitz) erstrebenswertes Vorbild für Undine, er macht die ‚Menschwerdung der Frau‘ erst möglich. Die Beseelung der Frau kommt damit einer männlichen Schöpfungsfantasie gleich.

Fouqué greift diesen Gedanken mit einem Verweis auf die mythologische Figur des Pygmalion auf: „Hier erst schwur [Huldbrand] unter Tränen und Küssen, sein holdes Weib niemals zu verlassen, und pries sich glücklicher, als den griechischen Bildner Pygmalion, welchem Frau Venus seinen schönen Stein zur Geliebten belebt habe.“ (S. 48). In Ovids »Metamorphosen« ist Pygmalion ein Bildhauer, der sich in seine eigene geschaffene Frauenstatue verliebt. Venus, die Göttin der Liebe, erweckt die Steinfigur schließlich zum Leben. Hier wiederholt sich das Bild des Mannes, der das weibliche Wesen nach seinen Vorstellungen erschafft und formt.

Dass der Mann als Seelengeber auftritt, welcher der Frau im Akt der sexuellen Vereinigung eine Seele ‚einhaucht‘, versetzt die Frau in eine passive, untergeordnete Position. Darüber hinaus drängt sich eine Erwartungshaltung auf, nach der die Frau dem ‚edlen Spender‘ zu ewigem Dank verpflichtet sei: „Nun bin ich beseelt, dir danke ich die Seele, oh du unaussprechlicher Geliebter, und dir werde ich es danken wenn du mich nicht mein ganzes Leben hindurch elend machst.“ (ebd.).

Undines Abhängigkeit

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Fouqués ‚Schöpfer‘ sein ‚Werk‘ mit einer besseren Seele als der eigenen ausstattet: „Wenn ich ihr eine Seele gegeben habe, […] so gab ich ihr wohl eine bessre, als meine eigene ist.“ (S. 63). Diese Erkenntnis des Ritters verändert die Machtstrukturen ...

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