Religion und Pantheismus

Die Angst vor dem Teufel

Fouqué stellt in seiner »Undine« die Elementargeister und die Menschen einander gegenüber. Sobald sie einander begegnen, kommt es zu Differenzen, die mit einem Kulturclash zu vergleichen sind. Auffällig sind vor allem die christlich geprägten Vorbehalte der Menschen gegenüber den Elementargeistern. Demnach stehen die übernatürlichen Wesen mit dem Teufel im Bunde.

Die vermeintlich diabolischen Kreaturen halten sich unter anderem im berüchtigten Zauberwald auf. Die Menschen versuchen daher, das Gebiet zu meiden. Der fromme Fischer aber muss zuweilen den Wald durchqueren und hat deshalb eine ‚christliche Abwehrstrategie‘ entwickelt: „Es ward ihm wohl mehrenteils deswegen so leicht, durch den Forst zu ziehn, weil er fast keine andre, als fromme Gedanken hegte, und noch außerdem jedes Mal […] ein geistliches Lied aus heller Kehle und aufrichtigem Herzen anzustimmen gewohnt war.“ (S. 7).

Ein weiterer Schutzmechanismus vor dem Teufel besteht im Ritual der Bekreuzigung. So bekreuzigen sich die Fischer, als Huldbrand von den Waldgeistern berichtet (vgl. S. 25). Selbiges tun sie, nachdem sich Undine als seelenlos geoutet hat (vgl. S. 42). Gerade in dieser Szene zeigt sich die Angst vor dem Satan. Pater Heilmann bittet Undine gar, „die lichte Hülle ab[zu]werfen, falls etwas Böses in ihr sei.“ (ebd.).

Doch bald schon überzeugt sich der Geistliche, dass „nichts Übles an ihr [sei], wohl aber des Wundersamen viel.“ (ebd.). Ohnehin scheint Heilmann die Teufelsfurcht weitgehend abgelegt zu haben. Bereits bei seiner ersten Begegnung mit Undine ruft er „Alle guten Geister loben Gott den Herrn!“ (S. 35). Damit bringt er nicht nur sein Erstaunen zum Ausdruck, sondern bezeichnet die Wasserfrau auch als einen guten Geist.

Fouqué greift die Problematik der Teufelsangst im weiteren Verlauf der Erzählung wieder auf. Sowohl Huldbrand als auch Bertalda fürchten sich vor der übernatürlichen Undine, die ihre Wurzeln auch nach der Beseelung nicht abstoßen kann. Bertalda beschimpft die Wasserfrau als Zauberin und „Hexe, die mit bösen Geistern Umgang hat“ (S. 61). Huldbrand nennt Undine eine Gauklerin, die „in aller Hexen Namen“ die Menschen zufriedenlassen solle (S. 85).

Mit der Gegenüberstellung von gläubigen Christen auf der einen und vermeintlich teuflischen Elementargeistern auf der anderen Seite nimmt Fouqué Bezug auf die mittelalterliche Melusinensage. In dieser erscheint die Wasserfrau als Dämonin, die mit einem Fluch des Teufels belegt ist (vgl. Kapitel „Epoche“, Abschnitt „Quellen – Staufenberg und Melusine“). 

Die frommen Fischer

Als Vertreter des religiösen Lebens und der Gottesfurcht gilt ohne Zweifel das Fischerpaar. Die Eheleute führen ein frommes und rechtschaffenes Leben abseits der Zivilisation. Als sie die ‚gestrandete‘ Undine bei sich aufnehmen, handeln sie aus christlicher Nächstenliebe heraus. Jedoch stellen sie die Bedingung, dass das Kind getauft sein müsse. Da sie nichts über Undines Herkunft in Erfahrung bringen können, bestellen sie zur Sicherheit einen Priester, der die Taufe vollzieht (vgl. S. 18). 

Mit diesem Ritual soll die Unbekannte nicht nur in die Familie der Fischer, sondern zugleich auch in die Gesellschaft bzw. christliche Glaubensgemeinschaft integriert werden. Da die frommen Pflegeeltern in ihr eine Gabe Gottes sehen, soll sie fortan Dorothea heißen. Undine aber beharrt auf ihrem heidnischen Namen.

In den folgenden fünfzehn Jahren versuchen die Fischer, ihre Pflegetochter nach christlichem Vorbild zu erziehen. Doch Undine ist alles andere als anpassungswillig. Aus Sicht der Fischer scheint sie auch nach ihrer Taufe ‚unchristlich‘ geblieben zu sein. Ihr zuweilen sittenloses Benehmen wird von den gottesfürchtigen Eltern verurteilt: „Als ob dich Heiden und Türken erzogen hätten […].“ (S. 34).

Vom christlichen Glauben der Fischer zeugen nicht zuletzt noch weitere Beispiele. Daz...

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