Die unmögliche Liebe
Undines Anpassung
„Das kommt davon, wenn Gleich sich nicht zu Gleich gesellt, wenn Mensch und Meerfräulein ein wunderliches Bündnis schließen.“ (S. 82). Mit diesem Schlüsselsatz weist Fouqué auf die Ungleichheit zwischen Huldbrand und Undine als wesentliches Kriterium für das Scheitern ihrer Liebe hin. Beide Partner stammen aus unterschiedlichen Welten mit unterschiedlichen Gesetzen: Auf der einen Seite stehen die Elementarregeln der Wassergeister, auf der anderen die Konventionen der bürgerlich-zivilisierten Gesellschaft (siehe auch dazu Analyse „Die Elementargeister“).
Um einem ‚Kulturclash‘ entgegenzuwirken, wagt Undine den Versuch einer bedingungslosen Anpassung an die ihr fremde Welt. Ausschlaggebend dafür ist ihre Beseelung, die gleichsam als Mittel zur ‚kulturellen Assimilation‘ verstanden wird (dessen einzige Nebenwirkungen im Leid der Nixe gesehen werden).
Undines Form der Integration ist einseitig und kommt einer Selbstverleugnung gleich. Beide Seiten, sowohl der Ritter als auch die Wasserfrau, glauben an den Erfolg dieses Prinzips, unterschätzen jedoch einerseits die Macht der Elementargesetze und andererseits die mangelnde Toleranz der Menschen gegenüber den Elementargeistern.
Undines Ambivalenz
Trotz ihrer fundamentalen Verwandlung vom wilden Kind in ein braves Haumütterchen weist Undine durchgehende Widersprüchlichkeiten auf, da sie diese beiden konträren Frauenbilder grundsätzlich in sich vereint.
Zu Beginn der Erzählung ist Undine frech und unangepasst, was dem damaligen Frauenideal widerspricht. Doch ist es gerade ihre Andersartigkeit, die eine erotische und verführerische Wirkung auf den Mann ausübt. Sobald die Nixe zur unterwürfigen Ehefrau mutiert, schwindet auch Huldbrands Interesse an ihr, obschon Undines ‚weibliche Tugenden‘ seine Machtposition in der Beziehung festigen.
Auch als demütige Hausfrau zeigt sich Undine mitunter stark und selbstbewusst, insbesondere dann, wenn sie ihre Werte verteidigt. Als Bertalda ihre leiblichen Eltern auf der Namensfeier zurückweist, wendet sich Undine erbost an die Festgesellschaft, die sich über ihrem Standesdünkel entzweit: „[…] ich wusste von euren törichten Sitten und eurer harten Sinnesweise nichts, und werde mich wohl mein Lebelang nicht drin finden. Dass ich alles verkehrt angefangen habe, liegt nicht an mir; glaubt nur, es liegt einzig an euch […].“ (S. 61).
Darüber hinaus setzt sich Undine nach anfänglichem Zögern gegen Bertaldas „herrisches Wesen“ (S. 68) zur Wehr. Obwohl Bertalda das Brunnenwasser für ihre Schönheitspflege benutzt, lässt Undine den Brunnen abdecken, um ihrem Onkel Kühleborn den Zugang zur Burg zu verwehren und die Schlossbewohner vor seinen Streichen zu schützen. Die Wasserfrau zeigt Durchsetzungsvermögen und besinnt sich auf ihr Recht als Burgherrin: „[…] als Hausfrau gebühre ihr, alle Anordnungen der Wirtschaft nach bester Überzeugung einzurichten […].“ (S. 69). Gleichzeitig bleibt sie ihrem Gatten gegenüber jedoch verpf...