Undine
Das außergewöhnliche Findelkind
Undine wächst als Pflegekind bei einem armen und frommen Fischerehepaar auf. Mit diesem lebt sie auf einer abgelegenen Landzunge, die durch einen unheimlichen Wald von der Stadt getrennt ist. Die geheimnisvolle Undine ist auf außergewöhnlichem Weg zu ihren Pflegeeltern gelangt.
Das unglückliche Fischerpaar hatte gerade seine leibliche Tochter verloren, die anscheinend im nahegelegenen See ertrunken ist. Noch am selben Abend stand die damals drei- bis vierjährige Undine vor der Tür. Sie trug feine Kleider und war völlig durchnässt - als käme sie aus eben jenem See, in welchem das andere Kind ertrunken war. Die Fischer erkannten in Undines Erscheinen eine göttliche Fügung und nahmen das sonderbare Mädchen bei sich auf.
In den nachfolgenden 15 Jahren, in denen Undine bei den Fischern lebt, können die Pflegeeltern jedoch nichts über ihre Herkunft in Erfahrung bringen. Das mysteriöse Kind behauptet, bei einem Bootsausflug mit ihrer Mutter ins Wasser gefallen und auf der Landzunge gestrandet zu sein. Zudem erzählt es verworrene und wundersame Geschichten von goldenen Schlössern und kristallenen Dächern (vgl. S. 17).
Als die Fischer das selbstbewusste Mädchen auf den Namen Dorothea taufen wollen, beharrt diese auf dem Namen Undine, der ihr von den leiblichen Eltern gegeben worden sei. Selbst der Priester lässt sich beim Anblick des bezaubernden und niedlichen Kindes von dem heidnischen Namen Undine überzeugen (vgl. S. 18).
Die schöne und eigensinnige junge Frau
Undines ganze Erscheinung ist märchenhaft. Sie ist von atemberaubender Schönheit, hat große seeblaue Augen (vgl. ebd.), Zähne wie Perlen (vgl. S. 24) und blonde Locken (vgl. S. 11, 34). Jeder, der ihr begegnet, ist von ihrer übernatürlichen Attraktivität geblendet und beindruckt (vgl. S. 11, 16, 35).
Als die engelsgleiche Undine 18 Jahre alt ist, verirrt sich der Ritter Huldbrand von Ringstetten auf die Halbinsel. Sogleich verliebt er sich in die junge Frau, die ihn mit ihrer Schönheit und ihrem unbefangenen Charme beeindruckt. Auch Undine ist vom Anfang an von dem edlen Ritter angetan. Gleich zu Beginn bekommt Huldbrand Undines kindliches Temperament zu spüren.
Die neugierige junge Frau möchte von dem Ritter alles über den geheimnisvollen Wald erfahren, durch den er geritten kam. Doch der Fischer unterbindet jegliches Gespräch darüber. Undine reagiert wie ein trotziges Kind: „[Sie] […] sprang zornmütig von ihrem Bänkchen auf, setzte die schönen Arme in die Seiten, und rief, sich dicht vor den Fischer hinstellend: Er soll nicht erzählen, Vater? Er soll nicht? Ich aber will’s; er soll!“ (S. 12).
Schließlich läuft die störrische Undine zur Tür hinaus. Den Fischer beeindruckt dies deshalb wenig, da er die Launen seines „Spinginsfeld[s]“ (S. 14) bereits gut kennt. Huldbrand sorgt sich jedoch, und als ein Unwetter aufzieht, machen sich die Männer auf die Suche. Der Ritter findet die impulsive Undine auf einer Sandbank. Die beiden umarmen und küssen sich. Doch das starrköpfige Mädchen will nicht eher zurückkehren, bis Huldbrand ihr nicht von dem Wald berichtet hat.
Die egoistische Geliebte
Der Ritter erzählt der beharrlichen Undine, wie er seiner Geliebten Bertalda versprach, in den Wald zu reiten. Undine reagiert darauf äußerst eifersüchtig und beißt dem Ritter sogar in die Hand (vgl. S. 24). Das besitzergreifende Mädchen will ihren Geliebten nicht mehr hergeben. Umso erfreuter ist sie über den Umstand, dass das Unwetter den Waldstrom übertreten ließ. Da die gesamte Gegend überflutet ist, kann Huldbrand den mittlerweile zur Insel gewordenen Landstrich nun nicht mehr verlassen.
Undine und der Ritter leben fortan mit den Fischern in der Hütte und verhalten sich schon bald wie ein Ehepaar. Die Launen und Streiche des wilden Mädchens machen Huldbrand nichts aus: „Er freute sich allemal herzinniglich auf ihr anmutiges Zürnen, umso mehr, da sie gewöhnlich nachher ihre üble Laune durch die holdesten Liebkosungen widergutzumachen suchte.“ (S. 30). Die Fischerin hingegen schimpft häufig mit ihrer ungezogenen Pflegetochter.
Eines Tages findet Undine ein angespültes Weinfass am Flussufer, just zu dem Zeitpunkt, als den Männern der Alkohol ausgeht. Huldbrand will den Besitzer des Fasses ausfindig machen und entschädigen, sobald er zurück in die Stadt zurückgekehrt ist. Die eigennützige Undine ist von dieser Idee jedoch ganz und gar nicht angetan. Sie will ihren Geliebten lieber bei sich behalten: „Denn jeder ist sich doch selbst der Nächste und was gehen einen die andern Leute an.“ (S. 33).
Die frommen Fischer sind über die unchristliche Haltung ihrer Pflegetochter entsetzt und schimpfen mit ihr. Die gerissene Undine aber mimt das Opfer und sucht Schutz bei Ritter Huldbrand, der seiner zartfühlenden Geliebten nichts abschlagen kann.
Die verwandelte Braut
Als ein Priester auf der Insel strandet, scheint Undines Glück perfekt: Huldbrand bittet den Geistlichen, ihn und seine Geliebte zu trauen. Zur Verwunderung aller holt die Braut zwei goldene Ringe hervor. Ihre leiblichen Eltern, so erklärt sie, hätten ihr diese in das Kleid genäht, welches sie damals trug, als sie zu den Fischern kam (vgl. S. 39).
Am Abend der Hochzeit treibt die freche Undine allerhand Unfug. Der Priester ermahnt sie, ihre Seele harmonisch zu stimmen. Das seltsame Mädchen outet sich ...