Frauenbild

Frauen im 19. Jahrhundert

Die männlich dominierte Welt

Zu Hoffmanns Zeiten am Beginn des 19. Jahrhunderts müssen die Frauen der unteren sozialen Schichten, wie beispielsweise Bäuerinnen, Dienstmädchen, Köchinnen oder Ammen, hart arbeiten oder sich für ihr Überleben prostituieren,  während die bürgerlichen Frauen nach ihrer Heirat die Rolle der Ehefrau, Mutter und Erzieherin der Kinder übernehmen. In der gebildeten Oberschicht entwickelt sich eine ‚weibliche Freizeitkultur‘, da die privilegierten Mädchen und Frauen weitgehend durch Personal von den häuslichen Pflichten befreit sind.

Die sogenannten ‚höheren Töchter‘ vertreiben sich die Zeit mit Klavierspielen, Singen, Handarbeiten und Unterhaltungsliteratur. Mit dem kleinbürgerlichen Ideal der häuslichen Familienkultur (vgl. Kapitel „Epoche“, Abschnitt „Merkmale des Biedermeier im Werk“) geht eine ‚Feminisierung der Frau‘ einher. Aktivitäten, wie Sport oder körperliche Arbeit, sind für die damaligen Bürgerstöchter nicht schicklich. Stattdessen werden ihnen Eigenschaften, wie Feinsinn, Empfindsamkeit, Nervosität, körperliche Schwäche und die Neigung zu Ohnmacht und Kopfschmerzen, nachgesagt.

Die Erziehung und Schulbildung selbst privilegierter Frauen sind im Allgemeinen von kurzer Dauer und inhaltlich eindimensional ausgerichtet.  Bis zum 15./16. Lebensjahr besuchen Mädchen die sogenannten Höheren Töchterschulen, in denen ihnen die Ideale weiblicher Tugenden – wie Fleiß, Sittsamkeit, Gefälligkeit und Bescheidenheit – vermittelt werden. Gemäß der sich entwickelnden ‚weiblichen Bildung‘ werden wissenschaftliches und kulturelles Wissen aufbereitet und popularisiert. Intellektuell gebildete Frauen gelten als unweiblich und werden abwertend als ‚Blaustrumpf‘ bezeichnet.

Der weibliche Wirkungskreis soll sich lediglich auf den häuslichen Bereich beschränken, während sich die Männer der Öffentlichkeit widmen.  Zu Hoffmanns Zeiten sind die Frauen weder mündig noch autonom, sondern der Vormundschaft durch den Ehegatten unterstellt und aus männerdominierten Bereichen, wie Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, ausgeschlossen.

Die Frauenbewegung konstituiert sich in Deutschland erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Folge der Revolution von 1848 und der Bürgerrechtsbewegungen. Im November 1918 wird das Wahlrecht für Frauen in Deutschland eingeführt. Im Januar des darauffolgenden Jahres erhalten sie erstmals die Möglichkeit, die deutsche Nationalversammlung zu wählen und sich als Abgeordnete wählen zu lassen.

Die weiblichen Tugenden

Namhafte Philosophen, wie Kant, Rousseau, Fichte, Humboldt und Hippel, üben einen starken Einfluss auf das Geschlechterverständnis des 18. und 19. Jahrhunderts aus. In ihren Theorien arbeiten sie die Unterschiede zwischen Männern und Frauen heraus und interpretieren diese als naturgegeben. Rousseau und Fichte erklären den Geschlechterdualismus mit der notwendigen Unterscheidung in ein aktives / starkes und ein passives / schwaches Geschlecht.

Kant unterscheidet zwischen dem schönen weiblichen und dem tiefen männlichen Verstand. Die von ihm beschriebene weibliche Naivität lässt sich mit der Geistesauffassung eines Kindes vergleichen. So genüge es, der Frau nur das Nötigste an Wissen zu vermitteln. Eine derartige ‚Infantilisierung der Frau‘ findet sich in vielen pädagogischen Diskursen um 1800 wieder.

Laut Rousseau verspüre die Frau das genetisch bedingte Verlangen in sich, die Bedürfnisse des Mannes zu befriedigen. So sollen ihre Schulung und Erziehung allein auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Durch die Ehe könne der Mann seiner Gattin zu einer Annäherung an maskuline Geistigkeit verhelfen, sie quasi zu sich ‚emporheben‘. Auf geistige Augenhöhe vermag die ...

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