Archivarius Lindhorst

Der verwunschene Salamander

Der Archivarius Lindhorst ist ein wichtiger Repräsentant der fantastisch-märchenhaften Welt. Dass er dennoch ein Leben in der bürgerlich-alltäglichen Sphäre führt und dort einem gewöhnlichen Beruf nachgeht, hängt mit seiner Herkunftsgeschichte zusammen.

Lindhorst kam einst in der Zauberwelt Atlantis als Salamander zur Welt. Damit gehört er zu den Elementargeistern und ist dem Element Feuer zugeordnet. Er dient dem Geisterfürsten Phosphorus, dem Herrscher über Atlantis. Als Lindhorst sich in dessen Tochter, eine Schlange, verliebt, zieht er den Zorn des Geisterfürsten auf sich. Weil er Phosphorus‘ Warnungen ignoriert, verwandelt sich die Schlange und verschwindet. Daraufhin sprüht der Salamander wütend mit Feuer umher.

Der Geisterfürst bestraft ihn für seine Fehltaten, indem er ihn zu einem irdischen Dasein als Archivar verurteilt: „doch nur zum Menschen keimt er empor und muss, ganz eingehend in das dürftige Leben, dessen Bedrängnisse ertragen.“ (S. 69). Doch auch als gewöhnlicher Mensch soll Lindhorst die Magie der Geisterwelt an seiner Seite haben. Er solle die Schlange zurückerhalten und mit ihr drei Töchter in Gestalt der Mutter zeugen.

Jede der Töchter müsse sich mit einem Jüngling vermählen und erhalte als Mitgift einen goldenen Topf. Dieser solle den Auserwählten in die märchenhaft-fantastische Sphäre einführen. Erst dann, wenn all diese Bedingungen erfüllt seien, könne Lindhorst aus seiner Verbannung erlöst werden.  Doch die Erzfeindin des Archivarius, das böse Äpfelweib, will die Erlösung verhindern und den goldenen Topf in ihre Gewalt bringen.

Der merkwürdige Archivar

Als königlicher Geheimer Archivarius (vgl. S. 97) übt Lindhorst einen angesehenen Beruf im Staatsdienst aus. Er gilt als „alter wunderlicher merkwürdiger Mann“, der „allerlei geheime Wissenschaften“ betreibt und angeblich als eine Art „forschende[r] Antiquar“ oder auch „experimentierende[r] Chemiker“ arbeitet (S. 18).  Sein Äußeres ist leicht furchterregend, der Körper lang und hager (vgl. S. 31), das Gesicht runzlig und knöchern, die Augen hohl mit funkelndem, stechendem Blick (vgl. S. 34). Seine Stimme klingt rau und metallisch (vgl. S. 25). Sein weißes Haar ist lockig (vgl. S. 53). Er trägt einen weißgrauen Überrock (vgl. S. 35).

Der mysteriöse Archivar „besitzt außer vielen seltenen Büchern eine Anzahl zum Teil arabischer, koptischer, und gar in sonderbaren Zeichen, die keiner bekannten Sprache angehören, geschriebener Manuskripte.“ (S. 18). Seit Längerem sucht der vielbeschäftigte Lindhorst schon nach einem zuverlässigen Mitarbeiter, der ihm die Dokumente kopiert. Schon einige Kandidaten sind bei ihm durchgefallen.

Der solide Lindhorst bietet faire Arbeitsbedingungen: „Er lässt in einem besonderen Zimmer seines Hauses unter seiner Aufsicht arbeiten, bezahlt außer dem freien Tisch während der Arbeit jeden Tag einen Speziestaler, und verspricht noch ein ansehnliches Geschenk, wenn die Abschriften glücklich beendet.“ (S. 19). Wie sehr der Archivarius inzwischen in der bürgerlich-alltäglichen Welt verankert ist, zeigt nicht zuletzt der geregelte Tagesablauf: „Die Zeit der Arbeit ist täglich von zwölf bis sechs Uhr. Von drei bis vier Uhr wird geruht und gegessen.“ (ebd.).

Der strenge Archivarius legt außerdem Wert auf Pünktlichkeit und Genauigkeit bei der Arbeit. Unterläuft dem Angestellten ein Fehler, so erweist sich Lindhorst als unerbittlich: „Fällt [ein Tintenfleck] auf die Abschrift, so müssen Sie ohne Gnade von vorn anfangen, fällt er auf das Original, so ist der Herr Archivarius imstande, Sie zum Fenster hinauszuwerfen, denn es ist ein zorniger Mann.“ (S. 19).

Der verlachte Geschichtenerzähler

Um einen fähigen Mitarbeiter zu finden, wendet sich der erfahrene Lindhorst an seinen Bekannten, ...

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