Symbole
Der goldene Topf als Symbol
Farbe und Material
Ein wesentliches und zudem typisch romantisches Motiv, welches sich hinter dem goldenen Topf verbirgt, ist die Sehnsucht. Diese deutet sich bereits in den azurblauen Wänden des Zimmers an, in welchem sich das Gefäß befindet. Für die Romantiker ist Blau die Farbe der Sehnsucht, was sich nicht zuletzt im epochenbeschreibenden Symbol der blauen Blume äußert.
Neben Blau ist auch das Gold als Material- und Farbgeber des Topfes von symbolischer Bedeutung. So richtete sich die Sehnsucht der Romantiker v.a. auf eine Rückkehr in das „goldene Zeitalter“, in dem Mensch und Natur in völliger Harmonie miteinander zusammenlebten. Als eines der ältesten und wertvollsten Metalle ist Gold in nahezu allen Kulturen mit Reichtum, Status und Macht verbunden. Nicht zuletzt haftet ihm etwas Göttliches und Sakrales an, was sogleich mit Heilversprechen, wie Erleuchtung oder Erlösung, verbunden zu sein scheint.
Farbe und Material des Topfes stehen jedoch im Kontrast zum Gegenstand an sich. So spricht Hoffmann bei der erstmaligen Erwähnung auch von einem „einfache[n] goldene[n] Topf“ (S. 49). Damit deutet sich eine ironische Überzeichnung des Gefäßes an. Nicht umsonst bezeichnete Hoffmann den goldenen Topf in einem Brief an seinen Verleger auch ironisch als „Nachttopf“.
Spiegel der Zeit und des Unbewussten
Der goldene Topf in Hoffmanns Novelle fungiert darüber hinaus als eine Art Orakel. In dieser Funktion lässt er sich etwa mit einer Kristallkugel vergleichen. Seine spiegelnde Oberfläche erzeugt Bilder, die Szenen aus einer anderen Zeit zeigen: „Es war als spielten in tausend schimmernden Reflexen allerlei Gestalten auf dem strahle…
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Kristalle
Die Kristallflasche
Der Kristall ist eines der erstgenannten Symbole des »goldnen Topfes«. Als Anselmus am Himmelfahrtstag in einen Korb mit Äpfeln rennt, wird er vom Äpfelweib mit einem in Reimform verfassten märchenhaften Fluch beschimpft: „[…] ins Kristall bald dein Fall ins Kristall!“ (S. 5). Der Spruch der Alten wirkt sowohl auf den Protagonisten als auch auf den Leser zunächst rätselhaft. Gleichzeitig deutet sich damit die märchenhafte Ebene des Werkes an.
Hoffmann greift den Fluch des Äpfelweibs in der zweiten Vigilie wieder auf. Anselmus will den Erzfeind der Alten, den Archivarius Lindhorst aufsuchen. Der Klopfer an dessen Haustür verwandelt sich jedoch urplötzlich in die Fratze des Weibes. Der Zauber wird von Rufen begleitet, die den Fluch in sprachlich inversierter Form wiederholen: „[…] und durch das ganze öde Haus rief und spottete der Widerhall: »Bald dein Fall ins Kristall!«
Schließlich bewahrheitet sich die Prophezeiung des Äpfelweibs in der zehnten Vigilie. Anselmus hinterlässt einen Fleck auf dem wertvollen Dokument des Archivarius, als er gerade dabei ist, den Text zu kopieren. Daraufhin wird er zur Strafe in eine Kristallflasche eingeschlossen. Die Alte erscheint und verkündet ihren Sieg durch die erneut abgewandelte Wiederholung der Weissagung: „Ins Kristall, nun dein Fall!“ (S. 85).
Kristallstimme, Kristallspiegel, Kristallstrahlen
Neben der Flasche gibt es noch weitere symbolische Zuordnungen zum Kristall. So dient es der metaphorischen Beschreibung von besonders lieblichen Klängen. Diese werden insbesondere der Schlangenfrau Serpentina zugeordnet. Ihre Stimme wird mit Kristallglöckchen verglichen, die im Wind wehen. Damit übt Serpentina eine verführerische Anziehungskraft auf Anselmus aus.
Ihre Kristallstimme dient der Schlangenfrau als ein akustisches Signal, mit dem sie i…
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Spiegel
Kulturhistorische Symbolik
Ohne Zweifel ist der Spiegel eines der häufigsten Symbole der Märchenwelt, man denke nur an Schneewittchen. Das Objekt ist mit vielen kulturhistorischen Bedeutungen versehen. Allem voran steht die Selbsterkenntnis im Widerschein des eigenen Abbilds. Hieran knüpfen Theorien der Identitätsbildung aus Pädagogik, Psychologie und Philosophie an.
Darüber hinaus kann die bildliche Dopplung der Welt in einem religiösen Kontext betrachtet werden. Seit der Antike gilt die Schöpfung als Spiegel Gottes bzw. seiner übernatürlichen Intelligenz. Die Buddhisten betrachten den Spiegel als Symbol für Reinheit und Erleuchtung. Als Sinnbild für die Jungfräulichkeit Marias galt er für die Christen im Mittelalter, da auch Jesus als Spiegelbild Gottes erschien.
Eine positive Eigenschaft des Spiegels ist die Vermittlung von Weisheit und Erkenntnis, welche in der Antike auch die Zukunftsvorhersage mit einschloss. Negative Attribute sind dagegen Eitelkeit und Narzissmus. So ist letzterer Begriff auf den griechischen Mythos über Narziss zurückzuführen, der sich in sein eigenes Spiegelbild in einem See verliebte und ertrank.
Die unterschiedlichen Spiegel
Der Kristallspiegel des Archivarius LindhorstDer Spiegel taucht erstmals als magisches Besitztum des Archivarius Lindhorst in der vierten Vigilie auf. Anselmus soll eigentlich beim Archivarius als Kopierer anfangen, treibt sich jedoch lieber unter dem Holunderbaum herum, und zwar in der Hoffnung, Serpentina wiederzusehen. Lindhorst sucht ihn dort auf und teilt ihm mit, dass Serpentina seine Tochter sei. Er holt einen Kristallspiegel hervor, welcher aus dem Stein seines Ringes entsteht. Darin entdeckt Anselmus Serpentina, die ihren Kopf herausstreckt und zu ihm spricht. Sie appelliert an seine Liebe und seinen Glauben.
Als Anselmus voll Entzücken den Namen seiner Geliebte…