Sprache und Stilmittel

Sinnlichkeit

Synästhesie

Hoffmanns Sprache im »goldnen Topf« zeichnet sich besonders durch die Kombination der Sinneseindrücke, auch Synästhesie bezeichnet, aus. Dabei werden Klänge und Gerüche, Farben und körperliche Empfindungen miteinander verbunden, vermischt oder verglichen. Dies kann innerhalb einer Szene oder gar eines einzigen Satzes geschehen: „Blumen und Blüten dufteten um ihn her, und ihr Duft war wie herrlicher Gesang wie von tausend Flötenstimmen“ (S. 11) – „Dagegen waren wieder die rosenfarbnen und himmelblauen Vögel duftende Blumen, und der Geruch, den sie verbreiteten, stieg aus ihren Kelchen empor in leisen lieblichen Tönen, die sich mit dem Geplätscher der fernen Brunnen, mit dem Säuseln der hohen Stauden und Bäume zu geheimnisvollen Akkorden einer tiefklagenden Sehnsucht vermischten.“ (S. 64).

Viele Elemente der Sprache im »goldnen Topf« geben Sinneseindrücke, wie Gerüche, Klänge, Farben und körperliche Empfindungen, wieder. Insbesondere die märchenhaft-fantastische Atmosphäre wird durch den sinnlichen Ausdruck illustriert. Besonders synästhetisch schildert Hoffmann Anselmus‘ Vision unter dem Holunderbaum (vgl. S. 9 ff.), das Haus des Archivarius Lindhorst (vgl. S.48 ff.), das Hexenritual (vgl. S. 56 ff.), Anselmus‘ Gefangenschaft in der Glasflasche (vgl. S. 82 ff.) sowie den Kampf zwischen Lindhorst und dem Äpfelweib (vgl. S. 87/88).

Der Leser soll mit all seinen Sinnen in das wundersame Geschehen eintauchen können. Dieser Anspruch findet sich auch im sogenannten serapiontischen Prinzip wieder (siehe dazu Abschnitt „Das serapiontische Prinzip“).

Geräusche

Klänge und Geräusche spielen eine zentrale Rolle in der Novelle. Sie dienen unter anderem der Charakterisierung einiger Figuren. So belegt Hoffmann die Stimme des Äpfelweibes beispielsweise mit negativen Attributen: „Die gellende, krächzende Stimme des Weibes hatte etwas Entsetzliches […].“ (S. 5). Auch die Stimme des Archivarius Lindhorst klingt furchteinflößend: „Zumal hatte die raue, aber sonderbar metallartig tönende Stimme des Archivarius etwas geheimnis…

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Verunsicherung und Zweifel

Hoffmann lässt den Leser des »goldnen Topfes« absichtlich darüber im Unklaren, ob die wundersamen Erscheinungen nur Einbildungen der Figuren sind oder tatsächlich passieren. Diese Verunsicherung äußert sich nicht zuletzt in einigen Feinheiten der Sprache. Der Autor verwendet häufig Vergleichssätze, welche die Wahrnehmung der Figur als eine Möglichkeit darstellen, die durchaus auch anders sein könnte.

Beispielhaft hierfür ist Anselmus‘ Vision unter dem Holunderbaum. Das Flüstern und Lispeln der Schlangen werden hier mit Naturgeräuschen verglichen und schaffen somit eine rationale Begründungsalternative: „Bald war es, als schüttle der Abendwind die Blätter, bald, als kos’ten Vöglein in den Zweigen […] und es war, als ertönten die Blüten wie aufgehangene Kristallglöckchen.“ (S. 9).

Besonders verwirrend ist auch die bereits erwähnte Verwandlung des Archivarius Lindhorst in einen Geier. Neben den üblichen Vergleichen benutzt der Aut…

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Magie und Klang

Betrachtet man die Trennung in bürgerlich-alltägliche und märchenhaft-fantastische Welt unter sprachlichen Gesichtspunkten, so fällt auf, dass Hoffmann hier unterschiedliche Stile verwendet. Jene Szenen, die den Alltag beschreiben, sind nüchterner und sachlicher gehalten als die Schilderungen der magischen Ereignisse. Letztere zeichnen sich durch eine poetischere Sprache mit detailreichen Beschreibungen und kunstvollen rhetorischen Figuren aus.

In Verbindung mit dem bereits erwähnten Merkmal der Sinnlichkeit treten insbesondere solche Stilfiguren hervor, welche die klanglichen Eigenschaften der Sprache hervorheben:

„Zwischendurch – zwischenein – zwischen Zweigen, zwischen schwellenden Blüten, schwingen, schlängeln, schlingen wir uns – Schwesterlein – Schwesterlein, schwinge …

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Intensität und Spannung

Hoffmann legt sehr viel Wert darauf, die Emotionen seiner Figuren so eindringlich wie möglich zu beschreiben, damit der Leser mit ihnen mitfühlen kann. Nicht zuletzt macht er dieses Anliegen auch mithilfe seines Erzählers deutlich (vgl. S. 28).

Für eine möglichst intensive Gefühlbeschreibung bei gleichzeitigem Spannungsaufbau nutzt Hoffmann u.a. Komparative (Steigerungsformen): „Immer gewichtiger und gewichtiger drückt die zentnerschwere Last deine Brust – immer mehr und mehr zehrt jeder Atemzug dir Lüftchen weg […].“ (S. 82). – „Und immer inniger und inniger versunken in den Blick des herrlichen Augenpaars, wurde heißer die Sehnsucht…

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Bildhafte Sprache

Die bildhafte Sprache im »goldnen Topf« ist nicht zu übersehen. Vor allem die Beschreibungen der märchenhaft-fantastischen Sphäre sind mit Metaphern, Vergleichen und Symbolen durchdrungen. Die wichtigsten werden in einem eigenen Abschnitt der Analyse behandelt (vgl. Abschnitt „Symbole und Motive“).

Das Stilmittel der Vergleiche wurde bereits im Zuge der Verwirrung des Lesers angesprochen. Es markiert darüber hinaus jedoch die Bildhaftigkeit in Hoffmanns Sprache. So stellt der Autor beispielsweise eine Parallele zwischen dem furchterregenden Hexenritual und den düsteren Gemälden von Brueghel und Rembrandt her: „Ich glaube wohl, dass dir, günstiger Leser! […] sich […] bei dem Anblick dieses Rembrandt’schen oder Höllenbreughel’schen Gemäldes […] vor Grausen die Haare auf dem Kopfe gesträubt hätten.“ (S. 59).

Weitere Vergleiche finden sich auch in der Beschre…

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Ironie und Humor

Definitionen von Humor und Ironie

Ein weiteres Merkmal der Sprache sind die humoristischen und ironischen Anklänge, die sich nicht nur durch den »goldnen Topf« hindurch, sondern auch durch viele von Hoffmanns anderen Werken ziehen. Dabei existieren unterschiedliche Definitionen von Ironie. Als rhetorische Figur drückt Ironie das genaue Gegenteil von dem aus, was gemeint ist. Darüber hinaus kann sie jedoch auch als literarische Haltung verstanden werden, so wie dies beispielsweise bei der romantischen Ironie der Fall ist (vgl. Abschnitt „Romantische Ironie“).

Beim Humor handelt es sich um die Fähigkeit, Heiterkeit erzeugen und hervorrufen zu können und die Schattenseiten des Lebens mit heiterer Gelassenheit zu betrachten. Ein humoristischer Text ist lustig, witzig, spaßig oder scherzhaft und steht in Bezug zur Charakter-, Situations- und Wortkomik.

Hoffmann unterscheidet klar zwischen Ironie und Humor. Die Ironie sei demnach eine reine Zustandsbeschreibung ohne Wertung oder Haltung. Der Autor beschreibe damit die Disharmonie in der Welt, den Kontrast zwischen Alltag und Fantasie sowie zwischen Realität und Ideal. Humor sei für ihn hingegen nun das Mittel, die Zerrissenheit der Welt zu ertragen und zu begreifen. Da die Zerrissenheit nicht überwunden werden könne, solle der Schmerz darüber in Lachen verwandelt werden.

Die rhetorischen Stilmittel der Ironie und des Humors dürfen nicht mit der romantischen Ironie, einem Gestaltungsmittel der Kunst, das von den Romantikern entwickelt und angewandt wurde, verwechselt werden (siehe dazu Abschnitt „Die romantische Ironie“).

Kontrast zwischen Realität und Ideal

Der Kontrast zwischen Realität und Ideal wird im »goldnen Topf« u.a. mithilfe der sprachlichen Verwirrung verdeutlicht. Hier kann das Ideal der reine…

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