Das serapiontische Prinzip
Entstehung
Nach seiner Rückkehr aus Dresden nach Berlin im Jahr 1814 trifft sich Hoffmann mit einem Zirkel von Literaten, um über die Künste zu diskutieren. Zum Literaturkreis gehörten namhafte Schriftsteller, wie Adelbert von Chamisso oder Friedrich de la Motte Fouqué, und der Kreis bezeichnet sich selbst als den „Seraphinenorden“.
Bei einer Versammlung, bei welcher der Freundeskreis zum ersten Mal nach längerer Trennung am 14. November 1818 wieder zusammenfindet, wird der Namen der Schriftsteller-Vereinigung in »Serapionsbrüder« geändert. Der Name ist an den Tagesheiligen angelehnt, den heiligen Serapion, einem obdachlosen und frommen Mönch, der im fünften Jahrhundert in Ägypten lebte.
Der Autor erwähnt ihn im Eingangs…
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Einzelaspekte des serapiontischen Prinzips
1. Gleichberechtigung von Innen- und Außenwelt
In einer Erzählung aus der vierbändigen Reihe mit dem Titel »Der Einsiedler Serapion« erzählt Hoffmann von einem Eremiten, der, zurückgezogen in einer Waldhütte, in völligem Einklang mit der Natur lebt. Er weiß die wundervollsten Geschichten zu erzählen und ist ein talentierter Dichter. Da er jedoch behauptet, der heilige Serapion zu sein und gelegentlich zur Raserei neigt, halten ihn die Ärzte für geisteskrank. Der Einsiedler dreht jedoch den Spieß um und argumentiert, dass ebenso gut nicht er, sondern alle vernunftbegabten von Wahnsinn befallen sein könnten. Die Vorstellungen in seinem Inneren seien demnach nicht mehr oder weniger wahr als die sogenannte Realität der Außenwelt.
Der Widerstreit zwischen Innen- und Außenwelt wird darüber hinaus in der Erzählung »Die Bergwerke zu Falun«, ebenfalls Bestandteil des Zyklus, illustriert. Die Innenwelt wird hier durch die Arbeit unter Tage repräsentiert. Hierin zieht sich der Bergarbeiter Elis zurück und entfernt sich damit von seiner Verlobten Ulla, welche die Außenwelt verkörpert. Am Ende bezahlt Elis seinen Rückzug in die Innenwelt mit dem Leben.
Die hier beschriebene Zweiteilung zwischen Innen- und Außenwelt illustriert gleichzeitig die Gegenüberstellung von Fantasie und alltäglicher Wirklichkeit. Die Serapiontiker, also die sechs Freunde in Hoffmanns Textsammlung, diskutieren darüber, beide Seiten dieser Dichotomie als gleichwertig zu betrachten. So besteht die Innenwelt aus der Fantasie und Imagination des Künstlers, füh…
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Das serapiontische Prinzip im »goldnen Topf«
1. Gleichberechtigung von Innen- und Außenwelt
Das serapiontische Prinzip macht sich im »goldnen Topf« auf vielen Ebenen bemerkbar. Allem voran steht hier die Trennung in die alltägliche Wirklichkeit, die als Außenwelt interpretiert werden kann, sowie in die mystische Welt der Fantasie, welche die Innenwelt verkörpert. Dass diese Ebenen in einen Konflikt miteinander geraten, aus dem kein eindeutiger „Gewinner“ hervorgeht, offenbart ihre grundsätzliche Gleichberechtigung (siehe dazu Epoche Abschnitt „Merkmale der Romantik im Werk“).
Wie bei den Geschichten der »Serapionsbrüder« sind die Innen- und Außenwelt an die Perspektive der Figuren und nicht zuletzt auch an die des Lesers gebunden. Was Anselmus an magischen Phänomenen wahrnimmt und erlebt, kann durchaus seine Berechtigung haben – muss es aber nicht, denn im Gegenzug ist auch eine weltlich-alltägliche Deutung durchaus möglich.
Die Figur des Erzählers vermag es nun, die Innen- und Außenwelt, das Bürgerlich-Alltägliche und das Märchenhaft-Fantastische miteinander in Verbindung zu bringen. Dabei stiftet er immer wieder Verwirrung dahin gehend, welches der beiden Prinzipien denn nun d…