Aufbau und Erzählstruktur
Die Vigilien und ihre Anordnung
Hoffmann hat seine Novelle in zwölf nummerierte Abschnitte unterteilt, die er als Vigilien bezeichnet, was so viel wie Nachtwachen bedeutet. Diese Bezeichnung wird im Text selbst aufgegriffen, als der Erzähler davon berichtet, wie er eigens die Geschichte verfasst habe – nämlich nachts (vgl. S 28).
Jede der zwölf Vigilien ist mit einem Untertitel versehen, der aus mehreren elliptischen Sätzen zusammengesetzt ist. Diese beschreiben zwar einige der folgenden Ereignisse, vermitteln dem Leser jedoch nur bedingt Orientierung. S…
...
Rahmen- und Binnenhandlung
Das Märchen »Der goldne Topf« vereint in sich gleich mehrere Erzählebenen. Eine Möglichkeit, diese auseinanderzuhalten, ist eine Spaltung in Rahmen- und Binnenhandlung. Wie bereits im Abschnitt „Zeitstruktur“ erwähnt, wäre die Rahmenhandlung demnach die Geschichte des Autors, der in 12 Nachtwachen das Märchen von Anselmus verfasst. Das Märchen selbst wiederum ist die Binnengeschichte. Zu dieser gehört auch der heterodiegetische Erzähler.
In dieser Unterteilung in Rahmen- und Binnenhandlung liegen jedoch drei Besonderheiten verborgen: Die erste Besonderheit besteht darin, dass eine mögliche Deutung der Rahmenhandlung den Autor als alkoholkrank und wahnsinnig einstuft. Demnach würde die Binnenhandlung rückwirkend infrage gestellt…
...
Gegenüberstellung der Welten
Das Märchen »Der goldne Topf« spielt sich in zwei verschiedenen Welten ab, die einander durchdringen und nicht unbedingt als unvereinbare Gegensätze aufzufassen sind, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheint. Vielmehr ging es Hoffmann dabei um die Möglichkeit eines Perspektivwechsels.
Auf der einen Seite steht die profane Alltagswelt, die sich durch bürgerlich-konservative Werte und die Vormachtstellung vo…
...
Das Vexierbild
Für die wundersamen Erscheinungen findet man in der bürgerlichen Welt rationale Erklärungen. Aus der vernunftgeleiteten Perspektive heraus sind die goldenen Schlangen in der Elbe beispielsweise nur eine Lichtreflektion (vgl. S. 14) – die Verwandlung des Türknaufs ist auf den Magenlikör zurückzuführen (vgl. S. 20). Sinnestäuschungen, Fieberwahn, Alkohol, geistige Verwirrung – all dies bringt Hoffmann ins Spiel, um die märchenhaften Phänomene in Zweifel zu ziehen.
Insbesondere der Protagonist Anselmus, der sich zwischen d…