Sprache und Stil
Journalistische Schreibweise
Erich Kästner arbeitet selbst als Journalist und deshalb lassen sich journalistische Elemente in vielen seiner Werke wiederfinden (siehe dazu Epoche „Autobiografische Bezüge“). Die häufige Verwendung einfacher, relativ kurzer Sätze sorgt für ein hohes Erzähltempo und die Kapitelüberschriften, die an Schlagzeilen erinnern, und die präzisen Zeit- und Ortsangaben ähneln der Berichterstattung in einer Zeitung.
Ein Merkmal eines journalistischen Schreibstils ist die Konzentration auf die wichtigsten Ereignisse, die ein allgemeines Interesse erregen. Diese Technik wendet der Schriftsteller in seinem Roman Fabian an, der eine kurze Episode im Leben des Hauptprotagonisten und seine Schwierigkeiten, als Moral…
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Syntax
Beschreibungen von Situationen werden häufig im Roman mithilfe von einfachen parataktischen Sätzen gestaltet, die ein zügiges Tempo erzeugen: „Er schwieg und ging vor dem Plakat auf und ab. Fischer schielte neugierig zu ihm hin. Doch er wagte nicht, das Gespräch zu erneuern.“ (S. 46). So kann auch wie hier zum Beispiel eine Reihe detaillierter Bilder von einer Situation wie in einem Film im Kopf des Lesers entstehen: „Sie schwiegen und überquerten den Nürnberger Platz. Ein Auto bremste dicht vor ihnen. Das Mädchen zitterte. Sie gingen in die Schaperstraße. In einem verwahrlosten Garten schrien Katzen. An den Rändern der Fußsteige standen Alleenbäume, bedeckten den Weg mit Dunkelheit und verbargen den Himmel.“ (S. 113).
Die parataktischen Satzkonstruktionen erlauben es, Fabians sukzessive Gedanken leicht verständlich und genau zum Ausdruck zu bringen und sein Erleben nachzuverfolgen: „Fabian machte noc…
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Figurensprache
Der meist einfach gehaltene und jedermann verständliche Erzählstil wird von Kästner durch die verschiedenen Variationen der Syntax und der Darstellung gesprochener Sprache abwechslungsreich gestaltet und grenzt die Sphäre der höher gebildeten Akademiker um Fabian und Labude von den einfacheren Leuten, wie Fischer oder Frau Fabian, ab.
Mit dem jeweiligen Sprachniveau werden die einzelnen Personen sehr deutlich voneinander abgegrenzt. So verwendet Fabian beispielsweise gegenüber der Witwe Hohlfeld und seinem Kollegen Fischer ein sehr hohes Sprachniveau, um die i…
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Fabians Ironie
Die Hauptfigur Fabian verbirgt seine Verletzlichkeit und seine wahren Gefühle hinter Ironie, Spott und einer an Arroganz grenzenden Schlagfertigkeit. Mit dieser Haltung bewahrt er stets eine gewisse Distanz zwischen sich und seinem Gegenüber und lässt er nur sehr wenige Menschen nahe an sich heran. Nachfolgend wird eine Reihe beispielhafter ironischer Situationen erläutert:
- Nachdem Fabian gekündigt worden ist, erklärt er: „Ich bin in den Ruhestand getreten. Vom nächsten Ersten ab erscheine ich im Defizit des Finanzministeriums, als unvorhergesehene Mehrausgabe.“ (S. 175)
- In einem Gespräch mit seiner Wirtin, der Witwe Hohlfeld, die sich bei ihm über die nächtlichen Orgien des anderen Untermieters, Herrn Tröger, beschwert, der nachts ausschweifenden und lauten Geschlechtsverkehr mit mehreren Frauen in seinem Zimmer praktiziert, erteilt Fabian ihr folgenden Rat: „Sie teilen ihm mit, er dürfe pro Nacht höchstens eine Dame mitbringen. Und wenn er sich nicht danach richtet, lassen wir ihn von der Sittenpolizei kastrieren." (S. 51).
- Als ihn eine Frau im Etablissement von Frau Sommer anspricht, ihm aufgrund seines Geburtsmonats eine „ziemlich kalte Natur“ (S. 14) bescheinigt und ihn nach d…
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Figurenrede
Direkte und indirekte Rede
Ein Großteil der Handlung besteht aus der Wiedergabe gesprochener Sprache und Dialogszenen. Besonders entscheidende und tiefergehende Momente, wie beispielsweise die Gespräche zwischen Fabian und Labude, werden in der direkten Rede wiedergegeben, welche durch ihre Unmittelbarkeit ganz im Sinne der Neuen Sachlichkeit eine realitätsgetreue Darstellung ermöglicht: »Aber was meinte Leda dazu?« »Sie enthielt sich jeder Meinung. Denn sie war gar nicht dabei.« »Warum denn nicht?« »Sie wusste nicht, dass ich in Hamburg war.« (S. 90).
Die Wiedergabe von Dialogen ist oft kurz gehalten und lebt von einer schnellen und direkten Konversation, wie hier zum Beispiel: „»Arbeiterverräter!«, sagte der Kommunist. »Du Untermensch!«, rief der eine. »Du Affe!«, rief der andere. Der Kommis griff in die Tasche. Labude fasste sein Handgelenk. »Geben Sie den Revolver her!«, befahl er.“ (S. 72).
In den Dialogen wird sehr oft eine inquit-Formel verwendet: "Schenkt uns 'ne Zigarette", sagte die Blonde. Fabian hielt die Schachtel hin, Labude gab Feuer. Die Frauen rauchten, blickten die jungen Männer abwartend an, und die Magere konstatierte nach einer Pause mit verrosteter Stimme: "Na ja, so ist das." "Wer spendiert 'nen Schnaps?" fragte die Dicke.“ (S. 59).
Einige Ereignisse werden in der Erzählung mithilfe der indirekten Rede zusammengefasst beispielsweise: „Fabian sagte höflich, er sei kein Freund von Glücksspielen.“ (S. 100); „Der Tanzmeister schrie, man möge sich auf die Damen stürzen“ (S.…