Personenkonstellation
Klicken Sie auf das Bild, um die Grafik zu vergrößern.
Der Ich-Erzähler in Treichels Roman Der Verlorene (1998)hat seinen um einige Jahre älteren Bruder Arnold nie kennengelernt, denn der Säugling wird seit der schrecklichen Flucht der Familie aus dem Osten am Ende des Zweiten Weltkriegs vermisst (S. 11, 22, 51). Der Zweitgeborene leidet sehr unter der Tatsache, dass die Eltern nach dem Krieg der Suche nach Arnold viel Aufmerksamkeit widmen, und ist daher oft eifersüchtig auf seinen verlorenen Bruder. Da der Erzähler sich vernachlässigt fühlt, versucht er im Verlauf der Handlung immer wieder erfolglos, das Interesse seiner Eltern zu wecken (S. 117ff.).
Der Vater spricht mit seinem Sohn nur selten über persönliche Dinge, sondern erteilt ihm zumeist Arbeitsanweisungen und Befehle (S. 12, 129). Die Mutter leidet schwer unter den Folgen der Flucht und verwendet ihre gesamte Kraft auf die am Ende erfolglose Suche nach Arnold. Auch sie kann kein engeres Verhältnis zu ihrem zweiten Sohn aufbauen, denn der Erzähler erinnert sie immer wieder schmerzlich an den verschollenen Arnold (S. 140).
Herr Rudolph ist Revierpolizist und zuständig für den Ortsteil, in dem die Eltern mit ihrem jüngeren Sohn wohnen. Da Herr Rudolph mit den Eltern befreundet ist, erhalten sie bei polizeilichen Problemen von ihm besondere Unterstützung. Der Vater bedankt sich dafür mit Geschenken in Form von Wurst- und Fleischpaketen (S. 58).
Nachdem der Vater plötzlich verstorben ist, geht Herr Rudolph mit der Mutter eine Liebesbeziehung ein. Als der Erzähler die Affäre zwischen der Mutter und Herrn Rudolph bemerkt, ist er wütend und eifersüchtig: Der Polizist erhält neben ihrer Aufmerksamkeit auch die körperliche Zuwendung der Mutter, die er als Sohn schmerzlich vermisst (S. 167). Der Polizist macht der Mutter einen Heiratsantrag, den sie aber ablehnt, obwohl sie die Gefühle des Polizisten erwidert (S. 171). ...