Rezension
„Der blonde Eckbert“ (1797) von Ludwig Tieck zählt zu den berühmtesten Werken der literarischen Romantik. Die Handlung spielt im Mittelalter im Harz, in dem die beiden Hauptfiguren, Ritter Eckbert und seine Frau Bertha, seit vielen Jahren in einer kleinen Burg friedlich und zurückgezogen wohnen. Eines Tages kommt ihr Leben ins Schwanken, als Bertha dem besten Freund ihres Ehemannes ihre Kindheits- und Jugendgeschichte erzählt. Dieser erinnert sie an ein verdrängtes Detail ihrer zweifelhaften Vergangenheit. Verstört und schuldgeplagt erkrankt sie daraufhin und stirbt. Ihrem Mann Eckbert ergeht es nicht besser: Er misstraut seinem Freund in zunehmender Weise und erschießt ihn bei einer unverhofften Gelegenheit. Als er eine neue Freundschaft schließen will, kehrt sein krankhafter Argwohn zurück und treibt Eckbert in den Wahnsinn. Verantwortlich für Eckberts und Berthas Untergang ist eine alte Frau, welche die beiden getäuscht und für ihr begangenes Unrecht bestraft hat.
Eine Besonderheit des Textes besteht darin, dass Tieck hier einerseits auf typische Motive des Volksmärchens zurückgreift, diese aber zugleich mit Elementen des Kunstmärchens und der Novelle verbindet, sodass er das neuartige Genre der „Märchennovelle“ etabliert. Diese Verknüpfung unterschiedlicher Gattungen und Textsorten macht den zentralen Reiz der Geschichte aus und erhebt sie zu einem typischen Beispiel für die in der Romantik proklamierte Universalpoesie.
Auch die vorherrschende Atmosphäre des Irrationalen und Fantastischen, die Verherrlichung der Natur sowie die Kritik am industriellen Zeitalter mit seinem beständigen Streben nach Fortschritt stehen prototypisch für die Zielsetzungen der literarischen Romantik. Die Einzigarti...