Merkmale der Neuen Sachlichkeit im Werk

Originalgetreue Darstellung

Im Roman Das kunstseidene Mädchen lassen sich einige typische Elemente der literarischen Epoche Neue Sachlichkeit entdecken, an deren Ende das Buch von Irmgard Keun veröffentlicht wurde (1932). Diese literarische Richtung beginnt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918) und endet mit der Machtübernahme durch die Nazis (1933). Sie charakterisiert sich durch ihren Realismus und ihre Nüchternheit und schildert die Alltagssorgen und Probleme der einfachen Menschen in der modernen Gesellschaft. Die beliebten Themen der kritischen Autoren sind die Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs, die Armut, die gesellschaftlichen und technischen Veränderungen und die sozialen Probleme in der Weimarer Republik in Deutschland.

Im Mittelpunkt des Geschehens, das Irmgard Keun schildert, steht das Einzelschicksal der 18-jährigen Doris, aus deren Leben ein kurzer Ausschnitt von ca. 5 Monaten geschildert wird. Die Handlung beginnt im Spätsommer 1931 und endet im späten Winter des Jahres 1932. Neben Doris´ persönlichem Schicksal berichtet die Autorin sachlich und realistisch auch von den sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der anderen Figuren, wobei sich die Autorin vor allem auf die Folgen der Weltwirtschaftskrise, wie Armut und Arbeitslosigkeit, konzentriert (S. 52, 60, 119).

Das Buch spielt überwiegend in Berlin, dessen Schauplätze der Realität entsprechen: Keun erwähnt viele bekannte Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel den Bahnhof Zoo (S. 84), Alexanderplatz (S. 89), Tiergarten (S. 83), Kurfürstendamm (S. 39) und die Gedächtniskirche (S. 40). Die Ich-Erzählerin vermittelt genaue Darstellungen von den zentralen Schauplätzen, den Innenräumen, der Umgebung und auch den Personen, die sich hier befinden.

Die Geschichte wird ausschließlich aus der Innenperspektive der Ich-Erzählerin heraus geschildert. Doris kommentiert gerne aus ihrer Sicht die verschiedenen Situationen, die sie erlebt, und vor allem das Verhalten der Männer in ihrer Umgebung, wie hier am Beginn der Handlung ihren Chef: „Und für jedes Komma, was fehlt, muss ich der Hopfenstange von Rechtsanwalt – Pickel hat er auch und Haut wie meine alte gelbe Ledertasche ohne Reißverschluss – ich schäme mich, sie noch in anständiger Gesellschaft zu tragen – solche Haut hat er im Gesicht. Und überhaupt halte ich von Rechtsanwälten nichts – immer happig aufs Geld und reden wie’n Entenpopo und nichts dahinter die sie trifft.“ (S. 4).

Doris‘ Subjektivität in diesem emotionalen Aussprechen weicht dann in sehr starkem Maß von den Idealen der Gattung Neue Sachlichkeit ab, die eine nüchterne und objektive Darstellung der Wirklichkeit anstrebt, wobei die handelnden Figuren entweder keine Gefühle oder diese nur in ganz geringem Maße zeigen.

Filmschnitte 

Entsprechend de...

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