Doris

Das stolze Mädchen 

Der Roman Das kunstseidene Mädchen wird ausschließlich aus der individuellen und subjektiven Sichtweise der Hauptfigur Doris heraus erzählt. Die junge Frau führt in einem Heft eine Art Tagebuch. Sie notiert darin die Erlebnisse ihres Alltags über einen Zeitraum von ca. 6 Monaten hinweg, und zwar vom Spätsommer 1931 bis zum Anfang 1932, und schildert ihre intimen Gedanken und Gefühle auf ihrer Suche nach Liebe und Glamour.

Als Kind leidet Doris sehr unter den ständigen Hänseleien und dem Spott ihrer Klassenkameraden: „Und die Jungen sagten mir Affe. Und die Mädchen (…) sagten: nu guck mal die mit dem komischen Kleid! und machten ein Hohnlachen.“ (S. 54). Das stolze Mädchen lässt sich jedoch nichts gefallen und wehrt sich, indem sie Steine nach den Übeltätern wirft. Für die Zukunft nimmt sie sich vor, sich nie mehr ärgern zu lassen: „…und habe mir einen Schwur gemacht – nämlich, dass ich nicht eine sein will, die man auslacht, sondern die selber auslacht.“ (S. 54). 

Nach der Realschule (S. 3) absolviert Doris eine nicht näher bezeichnete Ausbildung vermutlich im kaufmännischen Bereich (S. 55). Zu Beginn der Geschichte arbeitet sie als Bürogehilfin in der Kanzlei eines Rechtsanwalts (S. 13). Ihre zwanzig Jahre ältere Kollegin Therese ist zugleich Doris´ beste Freundin (S. 5). 

Doris lebt am Anfang der Erzählung in einer Wohnung zusammen mit ihrer Mutter, die als Garderobiere am Stadttheater arbeitet, und ihrem arbeitslosen und oft betrunkenen Stiefvater. Die Familie lebt in ärmlichen Verhältnissen in einer nicht genannten Kleinstadt im Rheinland (S. 54). Doris ist „mit zugeheiratet“ (S. 54) im Standesamt eingetragen worden, denn ihren leiblichen Vater kennen weder Doris noch ihre Mutter.

Die junge Frau besitzt keine Geschwister, ihr Vetter Paul hat sich als junger Mann das Leben genommen (S. 55). Von den 120 D-Mark, die Doris in der Kanzlei verdient, gibt sie ihren Eltern 70 Mark ab. Ihren Stiefvater charakterisiert sie als faul, ungebildet und jähzornig, zu ihrer Mutter unterhält Doris hingegen eine liebevolle Beziehung. In Berlin angekommen, spricht sie oft In Gedanken mit ihr oder formuliert imaginäre Briefe an sie (S. 49, 72, 124).

Die ambitionierte junge Frau

Doris hat große Schwierigkeiten mit der deutschen Rechtschreibung. Als sie eines Nachmittags in der Kanzlei versucht, ihren Chef mit sinnlichen Blicken von ihren Schreibfehlern abzulenken, wird dieser zudringlich und Doris weist ihn rüde zurecht: „Nun sagen Sie mal, Sie blödsinniger Rechtsanwalt, was denken Sie sich eigentlich? Wie kann ein Studierter wie Sie so schafsdämlich sein und glauben, ein junges hübsches Mädchen wäre wild auf ihn. Haben Sie noch nie in den Spiegel gesehn? Ich frage Sie nur, was für Reize haben Sie?“ (S. 14). Dabei nimmt Doris die Konsequenzen ihres offensiven Verhaltens bewusst in Kauf und gibt sich unabhängig: „Natürlich kündigte er mir zum nächsten Ersten (…) Ich hab´s auch satt bei Ihnen, ...“ (S. 15). Nach der Auseinandersetzung wird Doris von ihrem unbeliebten Chef fristlos aus der Rechtsanwaltkanzlei entlassen.

Doris verspürt keine Lust, ihre mittelmäßige und langweilige Stellung als Gehilfin in der Rechtsanwaltskanzlei weiter wahrzunehmen. Sie meint, sie sei „ein ungewöhnlicher Mensch“ (S. 4). Sie hat große Pläne im Blick auf ihre Zukunft gerne als Autorin oder Filmstar: „… ich will schreiben wie Film, denn so ist mein Leben und wird noch mehr so sein. […] Und wenn ich später lese, ist alles wie Kino – ich sehe mich in Bildern.“ (S. 4). Sie erklärt, dass sie in ihrem Leben weiterkommen möchte und „Ehrgeiz hat“ (S. 5).

Doris‘ erklärte Ziel ist es, berühmt und reich zu werden: „Ich will so ein Glanz werden, der oben ist. Mit weißem Auto und Badewasser, das nach Parfüm riecht, und alles wie Paris.“ (S. 26). Dabei neigt sie zur Selbstüberschätzung und hält sich gegenüber anderen Frauen oft für schöner und intelligenter: „Und ich bin ganz verschieden von Therese und den anderen Mädchen auf dem Büro und so, in denen nie Großartiges vorgeht. Und dann spreche ich fast ohne Dialekt, was viel ausmacht und mir eine Note gibt, …“ (S. 3).

Die schöne Brünette

Doris ist 18 Jahre alt und Single (S. 4). Sie schildert sich selbst vor dem blinden Herrn Brenner so: Ich habe „… eine sehr schöne Figur, aber ein bißchen spillrig, das ist gerade modern, und haben Augen von einem braunen Schwarz so wie die ganz alten Seidenpompons an meiner Mutter ihr Pompadour. Und bin wohl auf blutarme Art blaß am Tage und an meiner Stirn blaue Adern und abends rote Backen und auch sonst, wenn ich aufgeregt bin. Und mein Haar ist schwarz wie ein Büffel also nicht ganz. Aber doch. Und kraus durch Dauerwellen, aber die lassen schon wieder etw...

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