Historische Personen versus Romanfiguren

Heinrich Alexander von Humboldt

Der historische Baron Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt wird am 14. September 1769 in Berlin geboren. Sein älterer Bruder ist der spätere Gelehrte Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand von Humboldt. Alexander von Humboldt gilt bis heute als Mitbegründer der Geografie im Sinne einer empirischen Wissenschaft und erwirbt sich dadurch zu Lebzeiten den Ruf als weltgewandter Naturforscher, dessen Wirkungsfeld weit über Europa hinausgeht. Darüber hinaus betreibt Humboldt bedeutende Feldforschung auf den Gebieten der Astronomie, Botanik, Chemie, Geologie, Klimatologie, Mineralogie, Physik und Vulkanologie. Auf seinen Forschungsreisen besucht er sowohl Lateinamerika als auch die Vereinigten Staaten von Amerika sowie später Russland und Zentralasien. 1795 trifft er Johann Wolfgang von Goethe in Jena, im Jahr 1831 besucht er ihn abermals in Weimar. Zu seinen weiteren Bekanntschaften gehören der Botaniker und Arzt Aimé Jacques Alexandre Bonpland, dem er 1798 in Paris begegnet, und Thomas Jefferson, der dritte Präsident der Vereinigten Staaten, den er 1804 kennenlernt. Humboldt stirbt am 6. Mai 1859 in seiner Heimatstadt Berlin.

Der Alexander von Humboldt, den Kehlmann darstellt, ist sozial unbeholfen, kleinwüchsig, pädophil, legt seine Armeeuniform samt Degen auch im Bett nicht ab; er erscheint stets schlecht gelaunt, weltfremd, chauvinistisch, überheblich und ohne jeden erkennbaren Sinn für Kunst oder Humor. Kehlmann bezeichnet ihn als eine Mischung aus Don Quijote und Paul von Hindenburg und versucht, seinen Humboldt als Weimarer Klassiker mit der Welt des Magischen Realismus, wie sie sich beispielsweise bei Gabriel García Márquez findet, kontrastieren zu lassen. Dabei jedoch unterscheidet er sich gravierend von seinem historischen Vorbild:

In Humboldts tatsächlichem Reisebericht Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents (1859) erweist er sich in seinen ausschweifenden Beschreibungen durchaus als ein Kenner des Schönen und der Ästhetik. Im Umgang mit den Eingeborenen und in seiner Abneigung gegen die Sklaverei zeigt er sich wesentlich überzeugter und humaner, als Die Vermessung der Welt ihn darstellt. So lobt Humboldt die Kultur und Gesellschaft der Eingeborenen, während er – entsprechend den Idealen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – den europäischen Kolonialismus und vor allen Dingen die Rolle der Kirche darin anprangert. Tatsächlich kauft der historische Humboldt Sklaven frei, und das mit wesentlich befriedigenderem Erfolg als sein literarisches Abbild.

Auch ist der historische Humboldt niemals als ein Beamter der preußischen Krone oder als Offizier unterwegs, sondern als Privatmann, der Uniform und Titel ...

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