Entstehung und autobiografische Bezüge

Die Geschichte des fiktiven Schulkamerads

Über die Entstehung des Romans Landnahme ist nur wenig bekannt. Jedoch stammt sein Autor Christoph Hein aus Schlesien und musste nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie nach Bad Düben in Sachsen fliehen. Daher sind sowohl Hein als auch sein Protagonist Bernhard Haber Umsiedler und es wird deutlich, dass auch persönliche Erlebnisse den Autor zu seinem Roman inspiriert haben. In einem Interview aus dem Jahr 2014 äußert sich der Schriftsteller selbst zur Entstehung seines Buches. Auf die Frage: „Was hat Sie dazu gebracht, Landnahme zu schreiben?“ antwortet Hein:

„Es ist quasi die Autobiographie eines fiktiven Klassenkameraden. Es war bei ihm etwas anders als bei mir. Er war etwas älter als ich und kam etwas später nach Deutschland, er kommt ja erst 1950, aber ich habe ja die Flucht nicht mitgemacht, da war ich ein Baby, aber diese Nachkriegszeit als Flüchtling, das habe ich schon erlebt, da war ich auch Flüchtlingskind und war auch in dieser Kleinstadt, also insofern war ich da ganz in vertrautem Gelände. Das kannte ich alles.“.[1]

In einem späteren Interview präzisiert der Autor diese Gedanken: „Sagen wir: Bernhard Haber ist ein fiktiver Schulkamerad, mit dem mich wenig verbindet, aber es gibt durch die Umsiedlung ein paar Gemeinsamkeiten“.[2]

Christoph Hein und Bernhard Haber

Christoph Hein wird am 8. April 1944 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Heinzendorf/ Schlesien geboren. Nach Kriegsende muss die Familie nach Bad Düben bei Leipzig fliehen, wo Hein die Kindheit sowie einen Teil seiner Jugend verbringt. Da Christoph Hein als Pfarrerssohn nicht die Oberschule besuchen darf, geht er mit 14 Jahren in ein Internatsgymnasium nach Westberlin.

Nach dem Bau der Mauer (1961) bleibt Hein bei seiner Familie im Ostteil der Stadt und macht dort 1964, also im Alter von 20 Jahren, sein Abitur an einer Abendschule. Von 1967-1971 studiert er in Leipzig und Ostberlin Philosophie und Logik und schließt das Studium mit einem Diplom im Fach Logik ab. Anschließend ist Christoph Hein als Dramaturg am Theater, als Drehbuchautor und freier Schriftsteller tätig und hat zahlreiche Theaterstücke, Drehbücher, Essays und Romane veröffentlicht. Hein hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit seiner zweiten Frau in Berlin (siehe auch dazu Liste der Autoren „Christophe Hein“)

Zwischen dem Romanschriftsteller und seinem Protagonisten Bernhard Haber gibt es außer ihrer schlesischen Herkunft und der Umsiedlung nach Sachsen nur wenige Ähnlichkeiten. Vielmehr verbinden den Autor und seine Hauptfigur die oft negativen Erfahrungen, die beide als Heimatvertriebene mit den Menschen in ihrer neuen Umgebung machen mussten.

Während Bernhard von seinen Schulkameraden in Guldenberg als „Polacke“ (S. 17) beschimpft wird und Unbekannte seinen Hund Tinz ermorden (S. 58), hat auch der Autor Christoph Hein die abweisende Haltung seiner neuen Mitbürger in Bad Düben erfahren müssen.

Sehr wahrscheinlich aus diesem Grund setzt sich der Schriftsteller bis heute intensiv auch mit den Ursachen von Fremdenfeindlichkeit auseinander. In einem Interview versucht Hein, die Gründe für dieses häufig beobachtete Verhalten der Menschen zu verdeutlichen: „Die aus dem deutschen Osten Geflüchteten und Vertriebenen besaßen nichts mehr und waren auf ihre unfrei...

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