Sigurd Kitzerow

Bernhards Freund und Geschäftspartner

Sigurd Kitzerow ist der fünfte und letzte Ich-Erzähler des Romans Landnahme. Sein Bericht beginnt Anfang der 1960er Jahre und endet im Karneval des Jahres 1997 (S. 376f.). Im Gegensatz zu den vorausgegangenen vier Berichten zeichnet die Schilderung des letzten Ich-Erzählers ein überwiegend positives Bild der Hauptfigur. Dies liegt womöglich auch daran, dass Sigurd Bernhard erst als Erwachsenen kennenlernt. Der Berichterstatter ist zwei Jahre älter als die Hauptperson und hatte daher während seiner Kindheit und Jugend in Guldenberg keinen Kontakt zu ihm (S. 323).

Sigurd tritt bereits im Prolog des Romans kurz in Erscheinung. Die Szene ist im Jahr 1997 angesiedelt und beschreibt, wie Kitzerow zusammen mit Bernhard Haber die Karnevalsfeierlichkeiten sowie die Durchführung des Festumzugs organisiert und überwacht. Außerdem überreicht Sigurd dem Prinzen als Symbol der Machtübergabe einen „übergroßen Schlüssel aus goldbezogener Pappe“ (S. 9).

Der fünfte Erzähler berichtet im letzten Kapitel des Romans über sein Verhältnis zu Bernhard, das sich von einer zunächst rein geschäftlichen Beziehung zu einer engen Männerfreundschaft entwickelt. Außerdem erinnert Sigurd sich in seinen Darstellungen an die Aufklärung der wahren Todesumstände von Bernhards Vater und wie Bernhard mit den Enthüllungen umgeht. Schließlich schildert Sigurd dem Leser die erstaunliche Entwicklung seiner Karriere als Firmengründer nach der Wende.

Die Vorurteile des Vaters gegen die Vertriebenen

Sigurd Kitzerow ist sehr wahrscheinlich in Guldenberg geboren und aufgewachsen, denn zu Anfang seiner Erinnerungen äußert der Erzähler die Vermutung, dass er Bernhard dort als Kind sicherlich schon begegnet ist (S. 323). Über Sigurds Mutter und mögliche Geschwister ist nichts bekannt und auch zu seiner äußeren Erscheinung gibt es keine Informationen. Sein Vater war früher der Besitzer des örtlichen Sägewerks und hatte beruflich öfter mit dem alten Haber zu tun: Sigurd kann sich noch gut daran erinnern, dass Bernhards Vater früher manchmal auf den Sägeplatz kam, um bei seinem Vater Holz zu bestellen (ebd.).

Sigurds Vater hat jedoch nur geringen Respekt vor dem alten Haber, denn er macht sich über dessen Kriegsverletzung lustig: „Er war einarmig, darüber machte Vater unendlich viele Witze, über die wir alle lachen mussten, denn ein einarmiger Tischler, das war schon ein Kuriosum.“ (S. 323f.).

Zudem berichtet Sigurd, dass sein Vater im Allgemeinen keine gute Meinung über die Vertriebenen besaß, von denen nach Ende des 2. Weltkriegs viele in die sächsische Kleinstadt gekommen waren und zu denen auch Bernhards Familie gehörte: „…die Vertriebenen seien zu blöd, (…) von denen könne nicht einer zwei und zwei zusammenzählen. Was da in Pommern und Schlesien gelebt habe, das seien Deppen und Faulpelze gewesen, die nichts besseres verdient hätten. Nur, dass sie ausgerechnet nach Guldenberg gekommen seien, das sei eine Strafe Gottes, die diese arme Stadt nicht verdient habe.“ (S. 324).

Sigurds Erkenntnis und Wandlung

Der Ich-Erzähler hat die diskriminierende Haltung seines Vaters den Umsiedlern gegenüber teilweise übernommen: Zumindest am Anfang seiner Erinnerungen äußert Sigurd sich Bernhard gegenüber ebenfalls negativ: „Außerdem war er einer von den Vertriebenen, und diesen Leuten gingen wir aus dem Weg. Sie besaßen nichts und ließen sich alles von der Stadt schenken, sie lebten auf unsere Kosten.“ (S. 323).

Erst viele Jahre später, als Sigurd Bernhard recht gut kennt und seine erfolgreiche Integration miterlebt hat, hat er seine Meinung über Bernhard geändert: „Und Haber ist kein schlechter Kerl. (…)..man kann sich auf ihn verlassen. Da ist er nicht schlechter als ein Einheimischer. Er hat sich eingefügt, er ist ein Guldenberger.“ (S. 340).

Sigurd, der Bernhard zunächst nur vom Hörensagen kennt, berichtet, dass ihm früher einmal durch das Gerede der Nachbarn negative Informationen über den Umsiedler zu Ohren gekommen sind: Nach Abschluss der Schule hatte Bernhard als Mitglied einer Gruppe von Agitatoren versucht, die Guldenberger Bauern zum Eintritt in die Genossenschaft zu zwingen (S. 327).

Nachdem Bernhard viele Jahre später sein Freund und Geschäftspartner geworden ist, entschuldigt Sigurd Bernhards politische Aktionen zwar als „Jugendsünden“ (S. 332), kritisiert aber auch, dass dieser dadurch dem ohnehin schlechten Ruf der Vertriebenen noch mehr geschadet hat: „Er hatte damit nicht nur sich geschadet, sondern allen Vertriebenen, denen man seinetwegen noch mehr gram wurde als zuvor, [...]“ (S. 327).

Bernhards Besuch

Als Sigurd Bernhard Anfang der 1960er Jahre persönlich kennenlernt, ist er ungefähr Mitte zwanzig (S. 327) und Besitzer des Sägewerks in Guldenberg. Den Betrieb hat er vorher zu einem unbekannten Zeitpunkt von seinem Vater übernommen (S. S. 323), ob dieser noch lebt, wird nicht mitgeteilt. Der Protagonist ist bereits verheiratet (S. 329) und wohnt mit seiner Frau Veronika in einem eigenen Haus am Neumarkt in Guldenberg (S. 349f.). Vermutli...

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