René Girards Mimesis-Theorie
Rivalität
René Girard untersucht innerhalb seiner Theorie das Sozialverhalten sowohl archaischer Stämme als auch moderner Gesellschaften. Die Hauptfrage dabei lautet, wie Gewalt entsteht und wie Gruppen mit ihr umgehen. Girard geht von der Grundannahme aus, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und mit anderen Menschen in Beziehung tritt. Das Verhalten des Menschen ist in diesem Zuge von Nachahmung, d.h. von Mimesis, geprägt. Die Menschen richten ihr Begehren demnach auf die Objekte, die auch andere Menschen begehren. In dem Moment aber, in dem ein Objekt nicht einfach geteilt werden kann, kommt es zu mimetischer Rivalität, was besonders im Falle von gesellschaftlichen Positionen oder Sexualpartnern zum Tragen kommt. Diese Rivalität führt dann zu Konkurrenz, Konflikten und Gewalt, die im Roman beispielsweise zwischen den zwei Städten Kolchis und Korinth und ihren Herrschern zu erkennen ist.
Die mimetische Krise
Wenn wir annehmen, dass es zwei Konkurrenten gibt, dann ist es nicht sicher, dass der Konflikt auf diese zwei Parteien beschränkt bleibt. Das mimetische Begehren kann sich vielmehr ausbreiten und eine ganze Gruppe erfassen. Wenn der daraus resultierenden Gewaltbereitschaft keine kulturelle Ordnung entgegensteht, die Gewaltausbrüche zu verhindern weiß, kommt es zu einer Art Kriegszustand, den Girard als die mimetische Krise bezeichnet. Die mimetische Krise konkretisiert sich beispielsweise im Roman in der Ermordung von Medeas Kindern durch die Korinther.
Je nachdem, welche Qualität die kulturelle Ordnung hat, innerhalb der diese Krise entsteht, ist die Gefahr für die Stabilität einer Gruppe größer oder kleiner. Im Extremfall ist eine Gruppe durch die Auswirkungen der mimetischen Krise in ihrer Existenz bedroht. Das offensichtlichste...