Rezeption und Kritik
Literatur und Politik
Christa Wolfs „Medea. Stimmen“ wird 1995 zunächst als Vorabdruck in der Zürcher ”Weltwoche” und im Februar 1996 in der Wiener Zeitung ”Der Standard” veröffentlicht. Das Buch selbst erscheint Ende Februar 1996 und es werden in nur wenigen Monaten 100.000 Exemplare verkauft. Die Übersetzung in 27 Sprachen beweist, dass das Buch im Ausland überwiegend positiv aufgenommen wird, in Deutschland löst es aber eine kontrovers geführte Diskussion aus. Dabei ging es in der deutschen Presse weniger um den Inhalt des Werks, sondern vielmehr um Christa Wolfs Rolle als Schriftstellerin in der DDR.
Als Ursache hierfür gilt der Literaturstreit aus dem Jahr 1990. Ein Jahr nach der sogenannten „Wende“, d.h. dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, veröffentlicht Christa Wolf den bereits 1979 verfassten Text „Was bleibt“, in dem die Geschichte einer durch die Stasi observierten Schriftstellerin erzählt wird. Die meisten Rezensenten fast aller namenhaften Zeitungen haben Christa Wolf mit der Ich-Erzählerin gleichgesetzt und ihr vorgeworfen, sie wolle ihre politische Rolle in der DDR in ein positives Licht rücken.
Die Diskussion um die Person Christa Wolf wird noch verschärft, als sie in einem Interview 1993 zugibt, über 2 Jahre hinweg als IM für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig gewesen zu sein. Die Reaktionen auf diese Enthüllung fallen in den Medien daraufhin äußerst heftig aus und es wird eine Art Rufmordkampagne gegen die Autorin angezettelt. Um die Schärfe aus der Diskussion zu nehmen, veröffentlicht Wolf ihre gesamte Stasi-Akte, darüber hinaus zieht sie sich aus der Öffentlichkeit zurück, um den anhaltenden Verunglimpfungen zu entgehen....